Fast jedes vierte Unternehmen ohne Frau in der Geschäftsleitung
Von den 100 grössten Arbeitgebern der Schweiz hat immer noch fast jedes vierte Unternehmen keine Frau in seiner Geschäftsleitung, obwohl ab 2031 für börsenkotierte Unternehmen eine Mindestquote von 20 Prozent gilt. Konkret haben derzeit 23 Unternehmen keine Frau im Top-Management, wie aus einem am Freitag veröffentlichen Bericht des Kadervermittlers Guido Schilling hervorgeht.
Bei der Mehrheit der Unternehmen gibt es einzelne Frauen in der Geschäftsleitung. Und bei 20 Unternehmen liegt der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen sogar über 30 Prozent.
Guido Schilling hat allerdings bessere Zahlen erwartet, wie er an einer Videokonferenz mit Journalisten darlegte. Denn die letzten Jahre sind kontinuierlich immer mehr Frauen in die Geschäftsleitungen gekommen. So hatten 2019 noch über die Hälfte der Unternehmen gar keine Frau in der Geschäftsleitung. Und gerade einmal vier der hundert grössten Arbeitgeber wies im obersten operativen Führungsgremium eine Frauenquote von über 30 Prozent aus. Nun aber stagniert die Entwicklung. Sprich: Die Zahl der Unternehmen mit keiner Frau ist im Laufe des letzten Jahres wieder leicht gestiegen, jene mit einer hohen Frauenquote etwas gesunken.
Schnellerer Abgang nach kürzerer Zeit
Den Hauptgrund für die Stagnation sieht Studienautor Guido Schilling bei der hohen Fluktuation von Frauen in den Geschäftsleitungen. So seien letztes Jahr deutlich mehr Frauen von ihren Posten in den Geschäftsleitungen zurückgetreten als die Jahre zuvor. Auffallend dabei ist gemäss Schilling, dass weibliche Geschäftsleitungsmitglieder bei Amtsaustritt mit drei Jahren auch eine deutlich kürzere Verweildauer im Gremium aufwiesen als ihre männlichen Kollegen mit sieben Jahren.
«Eine derart kurze Zugehörigkeit kann kaum nachhaltig sein», sagte Schilling anlässlich der Präsentation des Berichts. Eine Erklärung für die höhere Fluktuation sieht er darin, dass Frauen in Geschäftsleitungsgremien häufiger als Männer von aussen zum Unternehmen stiessen und nicht intern berufen worden sind. Entsprechend müssten sie sich zuerst nicht nur mit der neuen Rolle, sondern auch mit dem Unternehmen und dessen Kultur vertraut machen. Intern Berufene kennten dagegen die unternehmensspezifische DNA schon und seien bereits vernetzt, was helfe, sich in einer Position zu etablieren.
Für Schilling ist daher klar: Um langfristig die Geschlechtervielfalt im Management sicherzustellen, sind Unternehmen gut beraten, Frauen in den eigenen Reihen und insbesondere im mittleren Management zu halten. Der Kadervermittler glaubt zudem, dass sich Unternehmen mit Arbeitskonditionen, bei denen sich Karriere und Familie besser vereinbaren lassen, profilieren könnten. Bei Frauen, aber auch bei Männern. So stelle er fest, dass auch bei jungen Männern die Vereinbarkeit der Karriere mit dem Familien- und Sozialleben vermehrt zum Thema werde.
Treiber zu einer ausgeglicheneren Geschlechtervertretung im Management ist in seinen Augen in den nächsten Jahren daher der Arbeitsmarkt. «Unternehmen, bei denen Gender Diversity kein Thema ist, werden einen Nachteil haben», ist Schilling überzeugt.