Verteidiger Marti stellt sich auf einen «Chnorz» ein
Für Österreich historisch, für die Schweiz Pflicht: Nie war die Schweiz in jüngerer Vergangenheit in einem WM-Viertelfinal klarer der Favorit als am Donnerstag (16.20 Uhr) in Herning. Da trifft es sich gut, dass man im letzten Jahr diese Hürde gegen Deutschland endlich wieder einmal übersprungen hat.
«Das war schon ein Thema», gibt der ZSC-Verteidiger Christian Marti zu. «Aber wir müssen damit umgehen können. Wir haben unsere Erfahrungen gemacht, gute und schlechte. Ich denke, wir werden das hinkriegen.» Der Routinier macht sich keine Illusionen und erwartet eine harte Partie. «Ich stelle mich auf einen ‹Chnorz› ein», meint er schulterzuckend.
Mutig nach vorne
Den Schweizern ist nicht entgangen, welch gute Entwicklung die Österreicher mit ihrem Zürcher Trainer Roger Bader gemacht haben. Patrick Fischer freut sich darüber und sieht durchaus Parallelen zu seinem Team. «Ihr Mindset gefällt mir», sagt der Schweizer Cheftrainer. «Sie spielen mutig nach vorne, sind nicht einfach nur am Zerstören.» Fischer lobt seinen Amtskollegen, mit dem er sich regelmässig austausche: «Ich finde, er hat in den letzten Jahren einen Superjob gemacht.»
2019 abgestiegen, profitierten die Österreicher vor drei Jahren vom WM-Ausschluss Russlands und Belarus' und stiegen am grünen Tisch wieder in die A-Gruppe auf. Seither haben sie sich diesem Viertelfinal, dem ersten seit 31 Jahren, immer mehr angenähert. Vor zwölf Jahren in Prag verspielten sie die K.o.-Runde durch ein 2:4 im letzten Gruppenspiel gegen das bereits abgestiegene Grossbritannien. Davor hatte man Finnland bezwungen (3:2) und gegen Kanada (6:7 n.V.) und die Schweiz (5:6) an einer Überraschung geschnuppert.
Viel Euphorie und Selbstvertrauen
Die Schweizer sind also gewarnt. In ihrer Vorrundengruppe in Stockholm führten die Österreicher gegen Schweden bis kurz vor Schluss und verloren auch gegen Finnland äusserst unglücklich und nach einem aberkannten Tor 1:2. Die Konkurrenten um die Teilnahme an den Viertelfinals wie Lettland und die Slowakei bezwang man aber beide.
Die Favoritenrolle will Fischer nicht wegdiskutieren. «Aber wir spielen unser Spiel, sie ihres, und dann sehen wir, ob der Favorit gewinnt.» Die Österreicher hätten nach dem historischen Erfolg bestimmt «viel Euphorie, viel Selbstvertrauen und gute Gefühle in der Mannschaft. Aber das haben wir auch.» Dafür haben die Schweizer auch allen Grund. Zum dritten Mal in den letzten vier Jahren beendeten sie die Gruppenphase im 1. Rang. Einzig zum Auftakt gegen Tschechien gab es eine nicht zwingende Niederlage in der Verlängerung.
Heimvorteil in Herning
Der Lohn für die erneut starke Vorrunde ist der «Heimvorteil» in Herning. Während die Schweizer in der gewohnten Umgebung bleiben konnten, mussten die Gegner die eineinhalbstündige Flugreise von Schwedens Hauptstadt in die dänische Provinz auf sich nehmen. Für Christian Marti zwar kein entscheidender, aber doch ein kleiner Vorteil. «Es ist auf jeden Fall mega angenehm», stellt er fest. «Ich kann hierher kommen und trainieren und muss nicht am Flughafen herumsitzen.»
Natürlich möchte er aber die Reise in die umgekehrte Richtung noch auf sich nehmen, nämlich am Freitag für die Halbfinals, die beide in Stockholm stattfinden. Dabei werden die verbleibenden vier Teams neu gesetzt, mögliche Gegner gibt es deshalb noch viele. Einzig Kanada, das in der Gruppe A gleich viele Punkte hatte (19) wie die Schweiz, aber die um zwei Treffer bessere Tordifferenz (+27) kommt als Gegner nicht in Frage. Der Rekordweltmeister tritt ebenfalls in Herning und als ebenso klarer Favorit gegen den Co-Gastgeber Dänemark an. In Stockholm trifft Schweden im Knaller-Viertelfinal auf den Titelverteidiger Tschechien und die USA auf Finnland.