News
Sport

Heimberg nach mutigem Schritt stärker denn je

Wasserspringen

Heimberg nach mutigem Schritt stärker denn je

31. Juli 2025, 04:31 Uhr
Michelle Heimberg ist bereit für den Wettkampf vom 3-m-Brett
© KEYSTONE/PATRICK B. KRAEMER
Die Wasserspringerin Michelle Heimberg kämpft sich nach einer schwierigen Zeit zurück und ist so stark wie nie. Eine WM-Medaille in Singapur wäre eine Premiere.

Der Auftakt in die WM ist Michelle Heimberg am vergangenen Samstag mit Rang 5 vom 1-m-Brett geglückt. Es fehlte nur wenig zur ersten WM-Medaille für die Schweiz im Wasserspringen- und dies in jener Disziplin, die für die 25-jährige Aargauerin «eigentlich» eine Vorbereitung auf den Wettkampf vom 3-m-Brett ist. Dort tritt sie am Freitag als Europameisterin zur Qualifikation an, und sie mag diese Disziplin auch mehr, «weil dort die Herausforderung noch ein bisschen grösser ist.»

Heimberg hat allerdings auf bittere Art erlebt, wie schnell es im Wasserspringen in die andere Richtung gehen kann. An den letztjährigen Weltmeisterschaften im Februar in Doha verpatzte sie in der Qualifikation vom 3-m-Brett den dritten von fünf Sprüngen und schied aus. Damit verpasste sie es, sich einen Startplatz für die Olympischen Spiele in Paris zu sichern.

Anderer Blickwinkel, mehr Lockerheit

Das war zu viel für Heimberg. Sie merkte, dass sie Abstand vom Wasserspringen benötigte. Bis Ende September betrat sie kein Hallenbad mehr. «Es hat Mut gebraucht, diesen Schritt zu gehen», sagt Heimberg im Rahmen einer Medienrunde. War es gar ein Thema aufzuhören? «Direkt nach dem Wettkampf waren die Emotionen sehr, sehr stark. Ich habe vieles hinterfragt. Aber ich merkte rasch, dass das Feuer irgendwo tief in mir drin noch brennt, ich das Gefühl habe, noch nicht alles erreicht zu haben.»

Zu Beginn der Pause war es für Heimberg schwierig, da sie sich gewohnt war, ins Training zu gehen. Es half ihr, dass sie ein Praktikum absolvierte und dadurch die Arbeitswelt etwas kennenlernte. Zudem schloss sie vor kurzem ihr Studium in Kommunikations- und Medienwissenschaften mit dem Bachelor ab. Dann genoss sie es auch, mal mehr Zeit für die Familie und Freunde zu haben. «Ich merkte, dass es neben dem Sport im Leben noch sehr, sehr viele weitere Dinge gibt, die wichtig sind», blickt Heimberg zurück. Das führte zu einem anderen Blickwinkel und mehr Lockerheit.

Heimberg kehrte erst zurück, als sie zu 100 Prozent dazu bereit war. Das zahlte sich aus. Sie ist in dieser Saison stärker denn je. «Es fühlte sich für mich ein wenig an wie Velofahren. Ich konnte die Sprünge sehr rasch wieder», erzählt Heimberg, die erst mit zwölf Jahren mit Wasserspringen begann; zuvor war sie Kunstturnerin. Dann galt es, an den Feinheiten zu arbeiten, am Absprung und an der Eintauchphase. «Das Faszinierende an der Sportart ist für mich herauszufinden, wie nahe ich an die Perfektion herankomme.»

Wichtige Unterstützung durch die Armee

Heimberg ist bei der Armee zu 50 Prozent als Zeitsoldatin angestellt. «Ohne das wäre es für mich nicht möglich, den Sport in diesem Rahmen auszuführen. Ich hätte meine Karriere für die nächsten Jahre nicht gleich planen können», sagt sie dazu. Denn sie muss vieles selber berappen. In Singapur wohnt sie aus Kostengründen zusammen mit ihrem Trainer Francisco Parga in einem «Airbnb».

Heimbergs Fernziel sind die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles. Dort möchte sie eine Medaille gewinnen. «Mir ist aber bewusst, dass dafür sehr vieles zusammenstimmen muss. Die Trainings müssen gut laufen, ich muss verletzungsfrei bleiben und die Freude behalten. Dann weiss ich, dass vieles möglich sein wird.»

Zu viel vorausschauen möchte Heimberg allerdings nicht. Vielmehr nimmt sie Sprung für Sprung. Sie schwört schon lange auf Mentaltraining. Sie hat gelernt, wie wichtig es ist, im Hier und Jetzt zu sein. Das geht so weit, dass sie erst nach dem Wettkampf schaut, für welchen Platz es gereicht hat. «Das hilft mir enorm, mich auf mich zu konzentrieren, und nimmt etwas den Druck raus», so die achtfache EM-Medaillengewinnerin. «Ich kann sowieso nicht beeinflussen, was die anderen machen.»

Mit dieser Herangehensweise möchte Heimberg vom 3-m-Brett den 5. Platz vom vergangenen Samstag verbessern. «Ich habe sehr viel Selbstvertrauen. Es war schön zu sehen, dass ich locker bleiben konnte. Die Vorfreude ist riesig», sagt Heimberg. Zuerst muss sie allerdings nebst der Qualifikation auch noch die Halbfinals überstehen. Der Final findet am Samstagmittag Schweizer Zeit statt.

Quelle: sda
veröffentlicht: 31. Juli 2025 04:31
aktualisiert: 31. Juli 2025 04:31