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Die Rekordansage wird mit Gold belohnt

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Die Rekordansage wird mit Gold belohnt

15. September 2025, 19:13 Uhr
Coolness im Wettkampf, überschäumende Emotionen mit der Gold-Medaille in den Händen: Ditaji Kambundji nach dem weltmeisterlichen Lauf in Tokio
© KEYSTONE/MICHAEL BUHOLZER
Ditaji Kambundji ist Weltmeisterin. Der Gold-Coup von Tokio über 100 m Hürden kam überraschend, aber doch nicht ohne Ansage.

Die Bernerin legte zum Saisonhöhepunkt einen Steigerungslauf hin: Platz 3 bei der Athletissima, Platz 2 beim Diamond-League-Final bei Weltklasse Zürich und Platz 1 in Tokio mit WM-Gold und Schweizer Rekord in 12,24 Sekunden.

Nicht alle Experten hielten dies für möglich: Im Vorschau-Programm von World Athletics wurde die Schweizerin nicht erwähnt, weil sie mit dem bloss zehntbesten Saisonwert (12,40) aller Hürdensprinterinnen angereist war. Aber die 23-Jährige machte nie einen Hehl aus ihren Ambitionen. «Im Halbfinal muss alles stimmen und im Final ‹brätschen› wir drauf», hat sie ihre persönliche Vorgabe für den Montag definiert. Ein Schweizer Rekord war das Minimum, das sie von sich selber erwartete.

Dass der perfekte Lauf im Sommer 2025 noch kommen würde, daran hat Ditaji Kambundji immer geglaubt. Zumal sie es in der Halle schon vorgemacht hatte. Im März egalisierte sie beim Goldlauf an der EM in Apeldoorn den Europa-Indoor-Rekord. In den Sommer war die Bernerin mit einem höheren Leistungsniveau gestiegen als je zuvor. Gleichwohl hatte der Schweizer Rekord von 12,40 Sekunden anlässlich des Silberlaufs an der EM in Rom 2024 noch bis Tokio Bestand - er wurde heuer bei Weltklasse Zürich «nur» egalisiert, jetzt in Tokio aber pulverisiert.

Coolness als Kambundji-Markenzeichen

Die Kambundji-Frauen sind im Spitzensport für ihre Coolness bekannt. In angespannten Situationen fokussiert zu bleiben und Bestleistungen abzurufen, das schaffen sie. Mit den Adjektiven «konzentriert, professionell, kambundjig» beschrieben Ditajis Haupttrainer Florian Clivaz und Technik-Trainerin Claudine Müller im März die Stärken der Kambundji-Schwestern. In Tokio konnte Ditaji diese wiederholen.

Die Hürdensprinterin hat in den vergangenen drei Jahren in der Technik eine Stabilität aufgebaut, die sitzt. Von der Top-oder-Flop-Athletin der Jugendjahre ist nichts mehr zu sehen. Ihre Grundschnelligkeit verbessert sie stetig, an Details wird ständig gefeilt. Für die Athletin ist aber ein zweiter, weniger wissenschaftlicher Ansatz ebenso wichtig: «Wir sprechen im Training viel von Flow. Wenn es läuft, dann läuft es. Wir reden viel von Gefühl, von Haltung, wie man Hürden läuft.»

Keine Revanche-Gelüste

Bereits 2023 stand die Bernerin in Budapest im WM-Final (Platz 7) - und es hätte wohl auch an den Olympischen Spielen in Paris geklappt, hätte im Monat zuvor die Gesundheit mitgespielt. Von einer gelungenen Revanche mag die Profisportlerin aber nicht sprechen: «Jede Saison hat ihre eigenen Herausforderungen. Damit muss man zurecht kommen. Ich bin einfach dankbar, dass ich hier in Tokio gesund bin und mich fit fühle.»

Das Gold in Tokio hievt sie statistisch in neue Sphären: Ditaji Kambundji ist mit dieser Leistung in der Allzeit-Bestenliste die Nummer 7 weltweit in ihrer Disziplin. Bisher war Werner Günthör als Kugelstösser mit Platz 9 der höchstplatzierte Schweizer. Die Bernerin holte das erste Schweizer WM-Gold seit 24 Jahren (André Bucher über 800 m in Edmonton), als erste Schweizer Frau und erstmals in einer Sprintdisziplin. «Man kann dies alles nicht hoch genug einschätzen», betont Philipp Bandi, der Sportchef von Swiss Athletics.

Quelle: sda
veröffentlicht: 15. September 2025 19:13
aktualisiert: 15. September 2025 19:13