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75. Geburtstag in rosigen Zeiten

Formel 1

75. Geburtstag in rosigen Zeiten

13. Mai 2025, 06:01 Uhr
Der Italiener Giuseppe Farina gewinnt in Silverstone den ersten Grand Prix im Rahmen einer Weltmeisterschaft
© KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/STR
Die Formel 1 hat allen Grund zum Feiern. Der 75. Geburtstag fällt in eine von Erfolg geprägte Zeit. Die Serie hat ihre Rolle als Aushängeschild des Automobil-Rennsports nach schwierigen Phasen wieder.

Die Geschichte der Formel 1 hat natürlich ihre Vorgeschichte - eine sehr lange sogar. Die Anfänge gehen zurück ans Ende des 19. Jahrhunderts. Namen haben jene Epoche geprägt, die heutzutage im besten Fall den Kennern der Szene noch geläufig sind. Der Name Pierre Giffard zum Beispiel. Der französische Journalist hat das erste offizielle Autorennen organisiert, die Fahrt von Paris nach Rouen über 126 Kilometer im Juli 1894. Ausgeschrieben hatte Giffard den Wettbewerb für «pferdelose Wagen mit mechanischem Antrieb».

Zwölf Jahre danach tauchte in den Annalen bereits ein erstes Mal der Begriff «Grand Prix» auf - und mit ihm der Name Ferenc Szisz. Der Ungare gewann mit einem Renault den «Circuit de la Sarthe», ein Rennen in der Nähe von Le Mans. Gefahren wurde auf einem gut 103 Kilometer langen Dreieckskurs, der an zwei Tagen zwölfmal absolviert werden musste. Totaldistanz: 1238 Kilometer.

Weitere vier Dekaden später trat ein anderer heutzutage kaum Bekannter auf den Plan. Antonio Brivio war die treibende Kraft hinter dem Ansinnen, Grands Prix im Rahmen einer Weltmeisterschaft durchzuführen. Der Italiener brauchte einen langen Atem. Es sollte vier Jahre dauern, bis sich Brivio, der nach dem Ende seiner Karriere als Autorenn- und Bobfahrer Sportfunktionär wurde und unter anderem Delegierter des Internationalen Automobil-Verbandes FIA war, Gehör verschafft hatte. Seinen Vorschlag segneten die Verantwortlichen der FIA im November 1949 ab.

Nach dem Einlenken der FIA-Oberen ging es dann zügig. Nach rund sechs Monaten war es soweit. Am 13. Mai 1950 fand in Silverstone in England der erste Grand Prix im Rahmen einer Weltmeisterschaft statt. 200'000 Zuschauer waren vor Ort, unter ihnen auch König George VI. Der britische Monarch hatte sich ausbedungen, das Rennen an einem Samstag auszutragen, um die ihm wichtige Sonntagsruhe nicht zu stören. Technische Richtlinien gab es schon damals. Zugelassen waren Autos mit 4,5-Liter Saugmotoren und mit 1,5-Liter-Aggregaten mit Kompressor. Die ersten fünf des Klassements erhielten Punkte gutgeschrieben, dazu wurde die schnellste Rennrunde mit einem Punkt belohnt.

Premiere ohne Ferrari

In Silverstone waren 21 Fahrer am Start, die meisten bereits in fortgeschrittenem Alter, jedoch keine von Ferrari. Das Fernbleiben der Scuderia versuchte Firmengründer Enzo Ferrari mit dem zu geringen Startgeld zu begründen. Schon eher der Wahrheit entsprach aber die These, das der allmächtige Capo den Rückzug wegen der Übermacht von Alfa Romeo befohlen hatte. Der Konkurrent aus dem eigenen Land gab bei der Premiere denn auch klar den Ton an.

Der 43-jährige Italiener Giuseppe Farina, er war auch erster Weltmeister, und der 52-jährige Luigi Fagioli sorgten zusammen mit dem 39-jährigen Briten Reg Parnell für einen Dreifach-Erfolg - in 13 Jahre alten Autos. Der Argentinier Juan Manuel Fangio, der in den Folgejahren als fünffacher Weltmeister Legenden-Status erlangte, schied als vierter Fahrer in Diensten von Alfa Romeo aus. Ferrari seinerseits debütierte acht Tage später im Grossen Preis von Monaco in der Formel 1.

Enzo Ferraris Anspruch wurde der eigene Rennstall erstmals im dritten Jahr gerecht. Alberto Ascari, auch er ein Italiener, holte sich den Titel und verteidigte ihn in der folgenden Saison erfolgreich. Ascari stand nicht nur für den sportlichen Erfolg, sondern auch für eine der vielen Tragödien, die während Jahrzehnten einen Schatten auf die Formel 1 warfen. Ascari verunfallte im Mai 1955 bei privaten Testfahrten tödlich.

Ferrari stellte erst 1958 mit dem Engländer Mike Hawthorn wieder den Weltmeister. Der Titelgewinn fiel in eine besonders schlimme Zeit, in der der Tod in Maranello gleich mehrere Lücken beim fahrenden Personal riss. Innert 22 Monaten kamen fünf Fahrer der Scuderia ums Leben, unter ihnen auch Hawthorn, der einen schweren Unfall bei einem spontanen Duell gegen seinen guten Freund Rob Walker in privaten Autos und auf öffentlicher Strasse nicht überlebte. Der Schweizer Rennsport erlebte eine besonders schwarze Stunde im Oktober 1971 mit dem tödlichen Unfall von Jo Siffert in Brands Hatch. Das Rennen in England zählte nicht zur Weltmeisterschaft. Es fand zu Ehren von Weltmeister Jackie Stewart aus Schottland statt.

Es sind nur einige von viel zu vielen Vorkommnissen, in denen der Tod in der Formel 1 Regie geführt hat. Sie zeugen nicht nur von einer Hochrisiko-Sportart, sondern auch von der damaligen Ohnmacht der Verantwortlichen der Rennserie dem Sicherheits-Aspekt gegenüber. Des Themas haben sie sich bei der FIA erst nach und nach angenommen. Ein früheres ernsthaftes Umdenken in Sachen Aufarbeitung der einzelnen Geschehnisse hätte die Anzahl der Todesopfer wohl deutlich reduzieren können. So hat es, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung, den tödlichen Unfall von Ayrton Senna vor 31 Jahren im Grand Prix von San Marino in Imola gebraucht, um die seriöse Ursachenforschung und mit ihr die Suche nach Lösungen im Sinne der verbesserten Sicherheit in Gang zu setzen.

Aufschwung dank Ecclestone

Senna gehörte als herausragender Fahrer zu jenem Kreis von Protagonisten, die die Formel 1 beherrschten. Der hochtalentierte Brasilianer, nicht nur im eigenen Land als der Allerbeste betrachtet, verlieh der Rennserie eine besondere Strahlkraft. Er war Fahrer und Botschafter, der seinem Sport das Tor zur globalen Wahrnehmung und Wertschätzung öffnete. Später war dem nicht immer so, obwohl es Bernie Ecclestone als gewiefter Strippenzieher verstand, stets neue Märkte zu erschliessen. Dass er dabei sehr oft der Spur des Geldes folgte, dass er seinen Zirkus auch in Ländern mit offensichtlichen Menschenrechtsverletzungen auftreten liess, war wohl dem Konto des Briten, jedoch nicht dem Ruf der Formel 1 förderlich.

Ecclestone machte aus der Marke Formel 1 ein florierendes Unternehmen mit Milliarden-Umsätzen. Dass sich Missgunst und Neid im innersten Zirkel trotzdem nicht vermeiden liessen, lag nicht nur an Ecclestones Geschäftspraktiken und manchmal undurchsichtigen Machenschaften. Die Streitereien und der Kampf um Macht und Einfluss fügten der Formel 1 Schaden zu - und zwar in einem Ausmass, das den Fortbestand mehrfach ernsthaft infrage stellte. Mehrere Male wurde in jener Phase der Aufbau einer Konkurrenzserie zum Thema.

Die vergiftete Szenerie trieb zum Teil seltsame Blüten. Teamverantwortliche fällten um des Erfolges willen mitunter bizarre Entscheide. Beispiele dafür waren die vom Personal des Rennstalls McLaren losgetretene «Spionage-Affäre» oder der von den Entscheidungsträgern der Equipe Renault inszenierte Unfall im Grand Prix von Singapur. Das Team McLaren wurde in der Saison 2007 wegen des unerlaubten Transfers umfangreicher technischer Daten aus dem Hause Ferrari mit einer Busse von 100 Millionen Dollar belegt. Dazu kam der Entzug aller Punkte in der Konstrukteure-Wertung. Ein Jahr später versetzte der Befehl der Führung des Rennstalls Renault um Flavio Briatore an Nelson Piquet, einen Unfall zu bauen, die Formel 1 in Aufruhr. Zweck der befremdlichen Aufforderung war, dem Spanier Fernando Alonso im anderen Auto des französischen Teams zum Sieg zu verhelfen.

Geschichten dieser Tragweite gehören zum Glück der Vergangenheit an - auch wenn sich die Rivalität unter den Teilnehmern nach wie vor über die Rennpisten hinaus erstreckt. Die Formel 1 hat sich prächtig erholt und seit dem vor knapp neun Jahren vollzogenen Besitzerwechsel von der luxemburgischen Firma CVC Capital Partners an den amerikanischen Konzern Liberty Media wieder in die Erfolgsspur zurückgefunden. Die neuen Eigner haben es verstanden, der Rennserie den nötigen Rahmen zu verpassen, sie wieder zu dem zu machen, für das sie steht.

Die Formel 1 wird ihrer Stellung als wichtigster Zweig des Automobil-Rennsports wieder vollauf gerecht. Sie steht nicht nur in der Gunst der Veranstalter und des Publikums wieder ganz oben. Sie ist auch wieder der Hort, der die technischen Massstäbe setzt, von denen unter anderen auch die Hersteller ziviler Fahrzeuge profitieren können. Der Zulauf an Automobil-Konzernen, sei es mit eigenen Teams oder als Partner von Rennställen, ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass in der Formel 1 75 Jahre nach dem ersten Grand Prix wieder sehr vieles in die richtige Richtung läuft. Die neuesten Kapitel der Geschichte halten viel Erfreuliches bereit.

Quelle: sda
veröffentlicht: 13. Mai 2025 06:01
aktualisiert: 13. Mai 2025 06:01