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Zürcher Staatsanwältin fordert Verwahrung für Pädophilen

Prozess

Zürcher Staatsanwältin fordert Verwahrung für Pädophilen

15. August 2025, 09:52 Uhr
Das Zürcher Obergericht verhandelt am Freitag den Fall eines verurteilten Pädophilen, der in die Freiheit entlassen werden will. Er sitzt seit 28 Jahren im Gefängnis. (Symbolbild)
© KEYSTONE/ENNIO LEANZA
Die Staatsanwältin hat am Freitag am Zürcher Obergericht die Verwahrung für einen 67-jährigen verurteilten Pädophilen gefordert. Sein Verteidiger sprach sich für eine Haftentlassung mit Auflagen aus.

Er stehe nicht auf Mädchen, sagte der Mann vor Gericht. Dass es früher zu einer ganzen Reihe von Übergriffen kam, schiebt er auf Beziehungsprobleme. Die «pädosexuellen Handlungen» seien eine Reaktion darauf gewesen. «Ich verspüre heute kein Bedürfnis mehr dafür», sagte er. Die Opfer waren teilweise sehr jung. Diese habe er ausgesucht, weil sie «leichter zu manipulieren» waren.

Ob er Situationen vermeiden würde, bei denen er auf Kinder trifft, fragte der Richter. Die Therapeuten würden das vorschlagen. Er fühle sich sicher in solchen Situationen, meinte der Mann, auch wenn das «Aussenstehende anders sehen».

Anders sah das die Staatsanwältin. Das Rückfallrisiko werde bei ihm hoch eingeschätzt. Chancen, etwas daran zu ändern habe er nicht genutzt. «Er ist weder einsichtig, noch bereit etwas am Risiko zu ändern», hielt sie fest. Eine Verwahrung sei die einzige Möglichkeit, um weitere Opfer zu verhindern.

Vorfall am Globi-Stand

Der 67-Jährige wurde 1999 zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Er war Vater, die Ehe ging bereits vorher in die Brüche. Die Verurteilung war seine dritte wegen pädophiler Handlungen. Danach wurde er verwahrt. Ab 2008 war er in einer stationären Massnahme. Auf unbegleiteten Ausgängen 2017 kam es dann zu drei Vorfällen. Wegen dieser sitzt er bis heute hinter Gittern.

Nachdem er 2017 in den offenen Vollzug kam und in den Ausgang durfte, registrierten die Behörden drei Vorfälle. An der Badenfahrt hielt er sich am Globi-Stand auf, wo viele Kinder versammelt waren. Am gleichen Anlass sprach er ein Mädchen an, dass ihn auf dem Trottinett angefahren hatte. Und bei ihm wurde eine blonde Haarsträhne gefunden. Diese hatte er einer Frau im Tram abgeschnitten.

Am Obergericht sprach der 67-Jährige davon, dass er seine Taten nicht in der Öffentlichkeit begangen hatte, sondern gezielt Mädchen suchte, die alleine im Quartier spielen. Kinder an belebten Orten wegzulocken, entspreche nicht seinem Muster. An den Globi-Stand sei er gegangen weil er «auch mal ein Bub» gewesen sei. Es habe ihn interessiert, ob man die Bücher immer noch ausmalen könne. Die Haarsträhne habe mit seinem Fetisch zu tun.

Stationäre Massnahme abgebrochen

Staatsanwaltschaft und Justizvollzug verlangten seit den Vorfällen die Verwahrung des Mannes. Beim letzten Prozess 2021 gewährte ihm das Obergericht eine stationäre Massnahme. Er hatte sich erstmals offen gegenüber einer sogenannten chemischen Kastration gezeigt.

Die Massnahme wurde allerdings wegen Aussichtslosigkeit wieder aufgehoben. Aus medizinischen Gründen war die chemische Behandlung nicht möglich. Besonders offen habe sich der Beschuldigte in der Gesprächstherapie aber auch nicht gezeigt, was auch das Obergericht ansprach. Er habe sich in die Enge getrieben gefühlt und keine Lösung gesehen, sagte der Verurteilte.

Bezirksgericht gegen Verwahrung

Das Bezirksgericht Horgen hob 2024 die Verwahrung trotz gescheiterter Therapie auf. Die angesprochenen Vorfälle wertete es als weniger gravierend als zuvor. Auf vielen Urlauben sei es zudem zu keinen Vorfällen gekommen.

Das sahen auch die beiden Verteidiger so. Nach den Vorfällen 2017 sei die begonnene Therapie überstürzt abgebrochen worden. Ihrem Mandanten sei das Risiko bewusst gewesen. Entsprechende Begegnungen während der Ausgänge habe er den Behörden zuvor gemeldet, sagte seine erbetene Verteidigerin.

Der amtliche Verteidiger sprach von einem «Massnahmen-Scherbenhaufen». Die Therapeuten hätten den 67-Jährigen verwirrt. Auch sinke das Rückfallrisiko in seinem Alter. Der Verurteilte sitze nun doppelt so lange als mancher Mörder hinter Gittern. «Es reicht jetzt mit diesem Freiheitsentzug», sagte der Verteidiger. Gegen Auflagen bei der Entlassung habe er aber nichts.

Das Obergericht wird am Freitag noch kein Urteil fällen. Dieses folgt wohl schriftlich. Bis zu einem Entscheid bleibt der 67-Jährige in Sicherheitshaft.

Quelle: sda
veröffentlicht: 15. August 2025 09:52
aktualisiert: 15. August 2025 09:52