Zürcher Kantonsrat will keine Sesselkleber-Regel
«Frischer Wind tut gut», begründete SP-Kantonsrat Rafael Mörgeli die Parlamentarische Initiative von SP und AL. Festgefahrene Routinen würden mit einer Amtszeitbeschränkung von zwölf Jahren aufgebrochen und langjährige Seilschaften verhindert.
Regierungsrat sei keine Lebensstelle, mit der sich jemand zu stark persönlich identifizieren solle. «Man tritt an, führt aus und geht wieder.» Eine Maximaldauer würde gemäss den Initianten verhindern, dass «Verwalter» zu lange an der Macht bleiben. Denn wer sein Amt ohne grössere Skandale ausführt, ist im Kanton Zürich so gut wie wiedergewählt. «Der Bisherigenbonus ist riesig.»
Ausser bei der AL, die den Vorstoss gemeinsam mit der SP einreichte, hatte die Sesselkleber-Regelung aber wenig Unterstützung. Bei den Grünen, die sonst häufig mit SP und AL stimmt, befürwortete nur ein Teil der Fraktion eine Amtszeitbeschränkung.
«Es wird mehr verwaltet als regiert»
Neue Ideen könnten das Gremium zwar bereichern, sagte Benjamin Krähenmann (Grüne, Zürich). «Und auf das aktuelle Gremium trifft es durchaus zu, dass mehr verwaltet als regiert wird.» Mit einer Amtszeitbeschränkung werde aber auch das Wahlrecht der Stimmberechtigten eingeschränkt. Das sei problematisch.
Dies sahen andere Kantonsrätinnen und Kantonsräte ähnlich. Die stärke unseres Systems liege nicht in starren Regeln, sondern in der Freiheit, zu entscheiden, sagte Gabriel Mäder (GLP, Adliswil). Erneuerung sei zwar wichtig, aber dürfe nicht erzwungen werden. «Wir trauen es der Bevölkerung zu, die richtige Entscheidung zu treffen, auch wenn es wieder und wieder und wieder die gleiche ist.»
Die SVP attestierte der Idee «auf den ersten Blick einen gewissen Charme», wie es Susanne Brunner (Zürich) ausdrückte. Allerdings kritisierte auch sie einen Demokratie-Abbau, weil das Wahlrecht eingeschränkt würde. «Für die Erneuerung soll der Wähler zuständig sein, nicht eine Amtszeitguillotine.»
Lahme Enten
Für die Mitte-Kantonsrätin Marzena Kopp (Meilen) hängt es nicht von der Amtsdauer ab, ob jemand regiert oder nur verwaltet. «Das ist eine Frage der Persönlichkeit.» Zudem könne eine Beschränkung auch einen «Lame Duck»-Effekt haben. Wer weiss, dass keine Wiederwahl möglich ist, wird also zur lahmen Ente und packt nichts mehr an.
Die EVP hingegen fürchtet, dass mit einer Anti-Sesselkleber-Regelung kurzfristiger regiert werden könnte. «Strategisches Handeln könnte durch Showeffekte ersetzt werden», sagte Andrea Grossen-Aerni (Wetzikon). Langfristige Projekte bräuchten aber Verlässlichkeit.
Das Parlament entschied schliesslich, den Vorstoss mit 55 Stimmen zu beerdigen. Für eine vorläufige Unterstützung wären 60 Stimmen nötig gewesen. Das letzte Wort hätte ohnehin das Volk gehabt, weil es sich um eine Verfassungsänderung gehandelt hätte.
Von einer Amtszeitbeschränkung wären aktuell Sicherheitsdirektor Mario Fehr (parteilos) und Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP) betroffen. Fehr ist seit 14 Jahren im Amt, Stocker seit 15.