Zürcher Gericht verurteilt Handwerker wegen Genossenschaftsbetrugs
Das Gericht sprach einen 58-jährigen Schweizer der mehrfachen Urkundenfälschung, der qualifizierten Geldwäscherei und der mehrfachen Gehilfenschaft zur qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig, wie der Richter bekannt gab. Er verhängte eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten bei einer Probezeit von zwei Jahren über ihn.
Ein 72-jähriger, italienischer Staatsbürger wurde der Urkundenfälschung, der qualifizierten Geldwäscherei und der mehrfachen Gehilfenschaft zur qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig gesprochen. Das Gericht verurteilte ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten - die Probezeit beträgt ebenfalls zwei Jahre.
Zudem wird dieser verpflichtet, der Baugenossenschaft 505'000 Franken zuzüglich fünf Prozent Zins - also rund 700'000 Franken - zu zahlen. Die Urteile können noch angefochten werden.
Weil die Beschuldigten grundsätzlich geständig waren, fanden die Prozesse im abgekürzten Verfahren statt. Das heisst, die Handwerker einigten sich mit der Staatsanwaltschaft auf Urteilsvorschläge, welche das Bezirksgericht nun zum Urteil erhob.
«Sehr hohe kriminelle Energie»
Der Richter sprach bei der mündlichen Urteilseröffnung von einer «sehr hohen kriminellen Energie». Diese Taten hätten gar nicht begangen werden können, wenn die Genossenschaftschefs nicht so «willige Helfer» gehabt hätten.
Er erwähnte auch den langen Deliktszeitraum von 5 und 10 Jahren. «Es ist unglaublich, wie viel Geld der Genossenschaft in dieser Zeit entgangen ist», so der Richter. Das Gericht ging von einem mittleren Verschulden aus.
Fiktive Rechnungen
Der Handwerker, der eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten erhielt, führte mit seinem Einzelunternehmen regelmässig Aufträge für eine Zürcher Baugenossenschaft aus. Ab 2010 half er zwei Ex-Chefs der Genossenschaft über Jahre mit fiktiven Rechnungen, knapp 1,9 Millionen Franken zu veruntreuen.
Die Überweisungen von den beiden Genossenschaftschefs hob der Beschuldigte - wie angeordnet - bar ab und übergab sie ihnen. Später überliess er den Chefs die Bankkarten, mit denen sie die Bargeldbezüge selbst vornahmen. Sie verwendeten das Geld für ihre eigenen Zwecke, was dem Beschuldigten bewusst war.
Ende 2020 wurde der damalige Geschäftsführer der Genossenschaft fristlos entlassen, nachdem die Unregelmässigkeiten aufgeflogen waren. Gegen ihn läuft ein separates Verfahren. Der involvierte Präsident verstarb Anfang desselben Jahres.
Von der Genossenschaft abhängig
Bei der Befragung vor Gericht sagte der Beschuldigte, er selber habe nichts von all dem Geld für sich behalten, sei aber von der Genossenschaft abhängig gewesen. Deren Chefs hätten ihn unter Druck gesetzt und gedroht, ihm keine Aufträge mehr zu geben, wenn er nicht mitmache.
Auf die Frage des Richters, ob er in all den Jahren nie daran gezweifelt habe, ob sein Handeln richtig sei, antwortete er: «Doch, Gopferdeckel!» Immer wieder habe er sich gefragt, ob er damit aufhören solle. Doch so habe er seine Mitarbeitenden bezahlen können. «Ich habe das alles gemacht, um an neue Aufträge zu kommen. Aber ich hätte es nie tun sollen», sagte er schliesslich reuig. Er hatte Selbstanzeige gemacht und für die Untersuchung wichtige Daten geliefert.
Im besagten Storenunternehmen, das er einst von seinem Schwiegervater übernommen hatte, sei er heute nicht mehr als Geschäftsführer tätig, sagte der Vater von zwei erwachsenen Söhnen. Er verdiene sein Geld jetzt mit Reparaturarbeiten und Mieteinnahmen. Die meiste Zeit verbringe er mit Holzen im eigenen Waldstück.
«Keine andere Wahl»
Auch der zweite Handwerker, der mit seinem Gipsergeschäft regelmässig Aufträge für die Baugenossenschaft ausführte, half ab 2015 den beiden Ex-Chefs der Genossenschaft, Geld zu veruntreuen.
Und zwar über eine halbe Million Franken. Davon soll der 72-jährige Italiener 103'000 Franken für sich behalten und für seine Bedürfnsisse ausgegeben haben. Der Ablauf war auch bei ihm immer gleich: Er erhielt von den Genossenschaftschefs Geld überwiesen - meist 5000 Franken. Danach hob er es ab und übergab es ihnen bar.
Der mittlerweile pensionierte Mann, der zusammen mit seiner Frau laut eigenen Angaben von knapp 4000 Franken pro Monat lebt und kein Vermögen besitzt, zeigte vor dem Richter ebenfalls Reue.
Immer wieder betonte er - teils auf Italienisch, teils in gebrochenem Deutsch -, wie leid ihm alles tue. «Aber ich hatte keine andere Wahl, ich konnte mich nicht wehren», sagte er. Er sei auf die Aufträge angewiesen gewesen. Zudem sei er damals spiel- und alkoholsüchtig gewesen, und er habe seine Eltern in Italien finanziell unterstützt.