Zürcher Gericht verurteilt 89-Jährigen wegen Nachbarschaftsstreit
Das Gericht verurteilte den Mann wegen versuchter schwerer Körperverletzung, wie aus dem am Freitag publizierten Urteil hervorgeht. Es verschärfte somit das Urteil der Vorinstanz, des Bezirksgerichtes Uster. Dieses hatte mit 15 Monaten bedingter Freiheitsstrafe ein noch verhältnismässig mildes Urteil gefällt.
Die beiden Senioren, die im Glattal übereinanderliegende Terrassenhäuser bewohnten, führten während fast 25 Jahren einen erbitterten Kleinkrieg über die Grenzen ihres Grundstücks. Höhepunkt der Auseinandersetzung war, als der 89-jährige Beschuldigte im Jahr 2022 die Grenzen mit Schnüren markieren wollte.
Dafür kletterte er auf eine Leiter, die an der Gartenmauer des verhassten, jüngeren Nachbarn angelehnt war. Als dieser den Kopf des Älteren auftauchen sah, trat er ihm gemäss Anklage von oben ins Gesicht, so dass der 89-Jährige aus 1,5 Metern Höhe rückwärts von der Leiter in seinen Garten stürzte.
«Sauhund» und «Schafseckel»
Daraufhin gingen die beiden Rentner mit einer 2,5 Kilogramm schweren Eisenstange und einem Metallrohr aufeinander los und beschimpften sich gegenseitig als «Sauhund» und «Schafseckel». Der jüngere der beiden blieb schliesslich blutüberströmt mit einem Schädelbruch liegen. Der ältere wurde verhaftet und sass einen Monat im Gefängnis.
«Ich hätte gar nicht genügend Kraft, ihn so zu verletzen», sagte der Rentner mit italienischen Wurzeln vergangene Woche vor Gericht. Woher sein Widersacher das Schädel-Hirn-Trauma hatte, konnte er sich nicht erklären. Vielleicht sei er gestürzt. Er selber habe nur versucht, die Schläge des anderen abzuwehren.
Ausraster ohne besonderen Auslöser
Der Anwalt des Nachbarn beschrieb den Rentner jedoch als leicht reizbar. «Ausraster brauchen bei ihm keinen besonderen Auslöser.» Er habe einer Nachbarin auch schon eine Umstechgabel an den Hals gehalten. Und immer seien natürlich die anderen Schuld.
Angeklagt waren eigentlich beide Streithähne, auch sein etwas jüngerer Nachbar. Dieser ist inzwischen jedoch verstorben, weshalb das Verfahren gegen ihn eingestellt wurde und nur der 89-Jährige vor Gericht stand. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verurteilte kann es noch ans Bundesgericht weiterziehen.