Zürcher Angestellte fehlen zunehmend bei der Arbeit
Die gute Nachricht vorneweg: Klassische Arbeitsunfälle gibt es im Kanton Zürich immer weniger. Die Zahl der Berufsunfälle hat sich in den letzten 40 Jahren fast halbiert.
Dies liegt vor allem am Strukturwandel, weg von der Industrie hin zur Dienstleistung. Die Bevölkerung arbeitet heute seltener in körperlich anstrengenden Jobs, wie Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) am Dienstag vor den Medien sagte.
Absenzen haben die Zürcher Angestellten dennoch, und zwar zunehmend: Seit 2010 stiegen die gesundheitsbedingten Ausfälle um rund ein Drittel. Pro Person liegen sie derzeit bei 8 Tagen. Dies verursachte 2024 einen wirtschaftlichen Schaden von zwei Milliarden Franken.
Mit Erkältung öfters zuhause
Die Volkswirtschaftsdirektion sieht vor allem drei Gründe dafür. «Seit der Corona-Pandemie erkennen wir eine Verhaltensänderung», sagte Walker Späh. «Wer heute erkältet ist, bleibt eher zuhause als vor der Pandemie.» Fiebrig im Büro sitzen und das restliche Team anstecken, gibt es also seltener.
Der zweite Grund für die zunehmende Zahl der Krankheitstage ist das steigende Alter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Bevölkerung bleibt heute länger gesund als früher und arbeitet deshalb auch länger. Mittlerweile sind bereits 12 Prozent über das Rentenalter hinaus erwerbstätig. 2010 waren es erst 9 Prozent.
Fallen ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus, dauert die Absenz aber meist länger als bei einer Erkältung. Dies drückt den Durchschnitt nach oben.
Zeitdruck und Überstunden
Der dritte und zugleich gravierendste Grund sind jedoch zunehmende psychische Erkrankungen, vor allem bei jungen Menschen. Zeitdruck, Überstunden und Konflikte am Arbeitsplatz können solche Erkrankungen auslösen. Die Voraussetzungen, dass jemand erkrankt, liegen aber oft auch im Privatleben oder an gesellschaftlichen Entwicklungen.
Leider sei die Datenlage hier noch nicht sehr aussagekräftig, sagte Walker Späh weiter. Wer aus psychischen Gründen krankgeschrieben wird, fehlt oft vergleichsweise lange. In jedem zweiten Fall kann dies sogar den Verlust des Arbeitsplatzes mit sich bringen.
Im Kanton Zürich wird aktuell mehr als jede zweite IV-Neurente wegen psychischen Krankheiten zugesprochen. Die Realitäten hätten sich geändert, sagte Walker Späh weiter. «Es braucht jetzt einen stärkeren Fokus auf psychisch bedingte Ausfälle am Arbeitsplatz.»