Von Selbstdemontagen, verpassten Chancen und einer Wiedergeburt
4:1 gewann Basel am Sonntag gegen den Drittligisten Biel. Eine Saison mit vielen Unwägbarkeiten und Überraschungen gipfelte damit auch im Cup mit dem logischen Ausgang. Womit wir beim grossen Gewinner sind: dem FC Basel.
Basels Renaissance
Mit durchschnittlich 1,92 Punkten pro Spiel ist Basel der Meister mit dem niedrigsten Punkteschnitt in der Super-League-Ära. Lange war der FCB so unbeständig wie die anderen Titelaspiranten, doch im Gegensatz zur Konkurrenz legte er den Schalter im Frühling um. Mit elf Siegen aus den letzten zwölf Spielen verdiente er sich das Double.
Ja, der FC Basel ist der logische Meister und auch der richtige Cupsieger. In der Führung ist Kompetenz wieder mit Einigkeit und Besonnenheit gepaart, die Fans stehen wieder voll hinter ihrem Klub. Am Ende betrug die Differenz zwischen Basel und Servette im 2. Rang satte zehn Punkte. Dabei geht unter, dass der FCB neun Runden vor Schluss noch an zweiter Stelle lag und er von den ersten neun Ligaspielen vier verloren hatte.
Shaqiris zweiter Frühling
Grossen Anteil an der Basler Renaissance hatte selbstredend Xherdan Shaqiri. Der Zauberfuss lieferte auf höchstem Niveau, war nie verletzt und brachte damit alle kritischen Voten zum Verstummen. Sagenhafte 18 Tore und 21 Vorlagen verbuchte Shaqiri in der Super League. Ein Hohn, dass - aufgrund des frühen Stichtags bei der Wahl - Lausannes seit März verletzter Diamant Alvyn Sanches zum Spieler der Saison gewählt wurde.
Zürcher Selbstdemontage
Die Zürcher Stadtklubs gehören zu den Enttäuschungen. Den Grasshoppers drohte einmal mehr ein Fiasko. Erst in der Barrage gegen Aarau wurde der zweite Abstieg nach 2019 vermieden. Auch unter der neuen US-Führung ist bislang noch keine Trendwende zu erkennen. Die gesalbten Worte bei der Übernahme durch den LAFC blieben bislang ... ein Luftschloss. Hoffnung macht nach dem Ligaerhalt vorab der neue Sportchef Alain Sutter. Endlich wieder ein Entscheidungsträger mit Stallgeruch und profunden Super-League-Kenntnissen - und einer Zusicherung für Investments in eine bessere Zukunft?
Dem GC-Rivalen FC Zürich kann man eines zugute halten: Langweilig wurde es nie. Allerdings nicht wegen Spektakels auf dem Rasen, sondern aufgrund von Turbulenzen und Querelen abseits des Spielfelds. Nach der 16. Runde noch als Leader auf Meisterkurs, brachte der FC Zürich das Kunststück fertig, die Meisterrunde zu verpassen. Wie er das schaffte? Im Bestreben, mit dem allmächtigen Sportchef Milos Malenovic eine Leistungskultur zu implementieren, gingen weiche Faktoren komplett vergessen.
Themen wie der Schirmwurf von Labinot Bajramis Vater gegen den vor einer Woche geschassten Trainer Ricardo Moñiz, der erneute personelle Umbruch mitten in der Saison trotz gutem Tabellenplatz und die Verpflichtung des vor Gericht zwar vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochenen, wegen seiner problematischen Haltung gegenüber Frauen aber sehr umstrittenen französischen Weltmeisters Benjamin Mendy sorgten für permanente Unruhe und viel Kritik. So gesehen war der sportliche Sinkflug des FC Zürich nur logisch.
Luganos und Servettes verpasste Chance
Bei Lugano (4.) und Servette (2.) bleibt folgender Eindruck haften: Sie haben eine grosse Gelegenheit verpasst. Die Saison 2024/25 wäre die Chance gewesen, die Schwächen der Konkurrenz auszunutzen.
Beide standen sich selbst im Weg. Lugano führte die Super League Mitte Februar an und überzeugte auch in der Conference League. Das Kader schien die nötige Tiefe zu haben, doch dann klappte plötzlich nicht mehr viel: Aus im Cup gegen den Drittligisten Biel, Aus im Conference-League-Achtelfinal gegen Celje, Fall aus den Top 3 in der Meisterschaft.
Servette ging als Tabellenerster in den November - und gewann dann bis Anfang Februar nur noch ein Ligaspiel. Mit der Degradierung des wechselwilligen Top-Torschützen Dereck Kutesa machten sich die Genfer das Leben selber schwer.
Der YB-Absturz
Die Riege der schwächelnden Konkurrenz führen die Young Boys an. Nach sechs Meistertiteln in sieben Jahren passte bei den Bernern in der ersten Saisonhälfte fast nichts mehr zusammen. Bis zum ersten Sieg dauerte es sieben Runden, erst in der 10. Runde war der Meister nicht mehr das Schlusslicht. Immerhin setzte YB unter Trainer Giorgio Contini zur Aufholjagd an und qualifizierte sich als Dritter für den Europacup. «Der dritte Rang ist die passende Platzierung», räumte der abtretende Sportchef Steve von Bergen ein.
Fortes vereitelter Hattrick
Spannung bot die Super League auch am unteren Tabellenende. Fünf Runden vor Schluss sah Winterthur wie der vermeintlich sichere Absteiger aus. Doch Uli Forte erweckte die Mannschaft wieder zum Leben und führte sie noch zum letztlich wohlverdienten direkten Ligaerhalt. Damit verhinderte Forte seinen persönlichen Negativ-Hattrick. Mit dem FC Zürich und den Grasshoppers war er als Trainer schon abgestiegen. Bei seiner dritten Zürcher Super-League-Station schaffte er ein kleines Wunder.
Den Gang in die Challenge League musste Yverdon antreten - jene Mannschaft, die zumindest in der Deutschschweiz in der höchsten Liga kaum vermisst werden wird.