Neue Zürcher Gefängnisleiterin will Work-Life-Balance verbessern
Sie bewegte sich durch das Gefängnis, das auf Aussenstehende wie ein riesiges Labyrinth aus Beton und weissen Flächen wirkt, als wäre es seit Langem ihr vertrautes Terrain. Dabei ist Barbara Gisler gerade mal 100 Tage im Amt. Jeder habe irgendwann Strategien, um am schnellsten von einem Ort zum anderen zu gelangen. Die Gefängnisleiterin lachte und sagte: «Bei den meisten sitzt die Hose spätestens nach der Probezeit schon deutlich lockerer.»
Das Gefängnis Zürich West, das auf dem Areal des ehemaligen Güterbahnhofs steht und seit gut einem Jahr im Vollbetrieb ist, ist gross. Sehr gross sogar. Es weist eine Fläche von 16'000 Quadratmetern auf - verteilt auf sieben Stockwerken. Es bietet Platz für 241 Personen: für 124 vorläufig Festgenommene und für 117 Personen in Untersuchungshaft. Es ist ein 24-Stunden-Betrieb.
Das GZW übernahm den Auftrag der vorläufigen Festnahme, der zuvor von der Kantonspolizei durchgeführt wurde. Einer, der sich deutlich von dem in der Untersuchungshaft unterscheidet, wie die Direktion der Justiz und des Innern in einer Medienmitteilung festhielt. In der vorläufigen Festnahme bewege sich die Aufenthaltsdauer zwischen wenigen Stunden und maximal sieben Tagen. In der Untersuchungshaft beträgt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer 84 Tage.
Dritte Leitung seit Eröffnung
Bevor Barbara Gisler den Job als Gefängnisleiterin übernommen hatte, war sie in verschiedenen Leitungsfunktionen in stationären Einrichtungen für Kinder und Jugendliche tätig. Sie hat das Lehrdiplom für Primar- und Sekundarstufe und einen Master in Bildungsmanagement.
Barbara Gisler ist bereits die dritte Leitungsperson seit der Eröffnung der Haftanstalt 2022. Sie folgte auf Thomas Sutter, der das GZW seit Anfang 2024 mit einem Übergangsgremium geführt hatte. Dieser wiederum übernahm den Job, nachdem Gefängnisleiter Marc Eiermann überraschend den Hut nehmen musste. Er war massgeblich am Aufbau des neuen Gefängnisses beteiligt und leitete es nach der Eröffnung.
Das GZW stand mehrfach in den Negativschlagzeilen. Unter anderem wurde es mit eineinhalb Jahren Verspätung in Betrieb genommen. Danach räumten die Verantwortlichen Planungsfehler ein, worauf der Kanton über 80 zusätzliche Stellen für die Betreuung der Inhaftierten schaffen wollte - mit entsprechenden Mehrkosten von gegen 10 Millionen Franken pro Jahr. Medien berichteten von Frust beim Personal.
Schichtpläne anpassen
Um die Belastung der rund 220 Mitarbeitenden zu reduzieren, leitete Gisler Massnahmen ein. Sie nannte denn auch die bevorstehende Anpassung der Schichtpläne als «dringendste und wichtigste Massnahme ihrer ersten 100 Tage im Amt».
«In diesem Bereich war wirklich Not, da musste etwas gehen», sagte die Gefängnisleiterin. Konkret will sie mit neuen Schichtplänen den Mitarbeitenden mehr Erholungszeit und eine bessere Work-Life-Balance ermöglichen. Diese neue Struktur sei in einem partizipativen Prozess entstanden, bei dem sich die Mitarbeitenden einbringen konnten. Ab Anfang 2026 gelten die neuen Pläne. «Ich habe schon viele positive Rückmeldungen erhalten», sagte die Gefängnisleiterin.
1000 Türen, 350 Sicherheitskameras
Barbara Gisler führte weiter durch das Gefängnis. Hier öffnete sie eine Sicherheitstüre - insgesamt gibt es im gesamten Gefängnis rund 1000 Türen. Dort zeigte sie eine Zweierzelle oder wo Besucherinnen und Besucher, auch Kinder, die Inhaftierten besuchen können. Im ganzen Gefängnis gibt es über 350 Sicherheitskameras, pro Jahr verzeichnet das Gefängnis rund 12'000 Ein- und Austritte.
Das GZW nimmt Männer, Frauen, Jugendliche und Transpersonen auf. Es gehört zu den grössten und modernsten Gefängnissen für vorläufige Festnahme und Untersuchungshaft in der Schweiz. «Alle festgenommenen Personen des Kantons Zürich starten im GZW», sagte Nathalie Dorn, Direktorin der Untersuchungsgefängnisse im Kanton Zürich, die ebenfalls beim Rundgang dabei war.
Was in der Zeit vor ihrem Amtsantritt im GZW falsch lief, dazu wollte sich die neue Gefängnisleiterin nicht äussern. «Was war, ist Vergangenheit», sagte sie und trat in den Spazierhof, den einzigen Ort, an dem die Inhaftierten an die frische Luft können. Die Motivation und das Engagement der Mitarbeitenden beeindruckten sie sehr, so Gisler. Und weiter ging der Rundgang.
Zu den Häftlingen, die im Frühling 2023 verwechselt und zu früh entlassen wurden, nahm Dorn Stellung: «Das kam seither nicht mehr vor.» Es seien verschiedene Massnahmen getroffen worden. «Unter anderem führten wir beim Austritt die Sechs-Augen-Kontrolle ein», sagte Dorn.