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In Sitten will Racioppi eine Premiere erleben

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In Sitten will Racioppi eine Premiere erleben

10. August 2025, 05:01 Uhr
Der Sion-Goalie Anthony Racioppi auf dem Trainingsplatz in Riddes
© KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT
Vor zwei Jahren stand Anthony Racioppi im Aufgebot des Nationalteams, dann geriet seine Karriere ins Stocken. Nun ist der 26-jährige Goalie in Sitten, wo er ein vermeintlich simples Ziel verfolgt.

Endlich einmal eine Saison durchspielen. Das wünscht sich Anthony Racioppi mehr als alles andere. Er möchte frei von Verletzungen bleiben, sich weiterentwickeln und an Stabilität gewinnen. Etwas, das dem Genfer in seiner Karriere zeitweise, aber eben noch nie eine Saison am Stück gelungen ist.

Nach seiner Ausbildung in der Fussballschule von Olympique Lyon hatte Racioppi in Dijon den Posten als Nummer 1 erobert und wieder verloren, danach erlebte er Gleiches in Bern. Zunächst verdrängte er den langjährigen Stammgoalie David von Ballmoos und spielte mit YB in der Champions League. In jenem Herbst wurde er - nach zwölf Einsätzen für die U21 - auch erstmals fürs A-Nationalteam aufgeboten. Racioppis Weg schien vorgezeichnet.

Doch bei Racioppi war oft beides zu sehen: starke Paraden wie auch unglückliche Aussetzer. Und weil Fehler der Goalies meist besonders schwer wiegen, bevorzugte der damalige Trainer Raphaël Wicky für die Rückrunde wieder David von Ballmoos. Die Degradierung nur etwa vier Monate nach der Beförderung schmerzte. Racioppi wollte Ende Saison raus aus Bern.

Ein Jahr ohne Liga-Einsätze

Der Schritt ins Ausland schien logisch, doch Hull City erwies sich als Misstritt. Ein Spiel durfte er für das Team aus der zweithöchsten englischen Liga absolvieren. Im Liga-Cup unterlief ihm ein Fehler, der zum 1:2 und damit zur Niederlage führte. Es folgten keine weiteren Einsätze und im Winter die Leihe nach Köln, wo er ebenfalls ohne Ernstkampf blieb.

Bei seiner Rückkehr in die Schweiz sprach Racioppi von gebrochenen Versprechungen bei Hull City. Inzwischen möchte er jedoch nicht mehr das Negative sehen. «Es war eine wichtige Erfahrung für mich», sagt er. «Durch das hohe Trainingsniveau in England und Deutschland habe ich viel gelernt.» Gleichwohl war für ihn klar, dass er für die aktuelle Saison einen Verein braucht, bei dem er gesetzt ist.

Diese Zusicherung konnte ihm Barthélémy Constantin bieten. Der Sportchef des FC Sion stattete den Goalie gleich mit einem Vierjahresvertrag aus. Zeichen des Vertrauens, die Racioppi nach schwierigen Monaten nur zu gern annahm.

Neue Ruhe in Sitten

Aber ist der FC Sion tatsächlich der richtige Ort, um Stabilität zu finden? Noch vor ein paar Jahren wäre diese Frage wohl klar verneint worden. Inzwischen scheint beim Walliser Klub aber eine gewisse Ruhe eingekehrt zu sein.

Abgesehen von einer Reise nach Russland für ein Testspiel dominierten im Wallis zuletzt die «Good News». So verkündete der Klub kürzlich, die Saison-Einnahmen einer Tribünenseite an das vom Bergsturz betroffene Dorf Blatten zu spenden. Anstelle der in Sitten schon fast zur Tradition gewordenen Trainer-Kapriolen ging man nun schon zum dritten Mal in Folge mit Didier Tholot in die Saison. Auch die Spieler scheinen sich wohlzufühlen. So betonte Benjamin Kololli bei seiner Vertragsverlängerung, dass die Rückkehr zu Sion einer der besten Entscheide seiner Karriere gewesen sei.

Racioppi ist nach wenigen Wochen ebenfalls sehr zufrieden. Die Arbeit mit Goalietrainer Massimo Colomba, der nach zehn Jahren beim FC Basel seit 2022 in Sitten angestellt ist, sei «super» - und auch der Austausch mit der nominellen Nummer 2 Francesco Ruberto funktioniere gut. «Sowieso ist der Zusammenhalt im Team sehr gross.»

Wieder ein guter Start

Dass es innerhalb der Mannschaft stimmt, hat sich in den ersten beiden Meisterschaftsrunden gezeigt. Ein Comeback wie das in Zürich, als die Sittener zwischen der 81. und 91. Minute ein 0:2 in ein 3:2 verwandelten, setzt eine grosse Moral voraus. Am vergangenen Wochenende folgte der eindrückliche 4:0-Triumph über das ambitionierte Lugano, womit der FC Sion sogar von der Tabellenspitze grüsst.

Der gute Start lässt Racioppi und Co. jedoch nicht abheben. «Jetzt darf man sich nicht zu sehr begeistern. Die Saison ist noch lang.» Auch wenn er in der letzten Saison noch nicht dabei war, weiss er genau, dass Sion bereits vor einem Jahr mit zwei Siegen gestartet ist - und dass man sich darauf nicht allzu viel einbilden darf. Dennoch sind die Walliser in ihrer Zielsetzung forscher als andere Klubs. Sie sagen klar, dass sie die ersten sechs erreichen wollen.

Am Sonntag wartet ein echter Härtetest. Zwar haben die Sittener vor einem Jahr eine historische Durststrecke beendet und den ersten Liga-Auswärtssieg gegen YB seit 1996 gefeiert. Die Bilanz in Bern in den vergangenen drei Jahrzehnten jedoch nach wie vor deutlich negativ.

Für Racioppi ist es vorab die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte. Dieser Rückkehr blickt der Goalie trotz des eher unschönen Endes betont gelassen entgegen. «Die Erinnerungen sind trotz allem positiv. Ich habe in Bern drei Titel gewonnen und Champions League gespielt. Nun freue ich mich auf die Rückkehr.»

Quelle: sda
veröffentlicht: 10. August 2025 05:01
aktualisiert: 10. August 2025 05:01