Erleichterung beim Youngster, Ernüchterung beim Oldie
War das der Abschied von Stan Wawrinka als Turnierspieler in Gstaad? Vieles spricht nach der deutlichen Zweisatz-Niederlage in nur gerade 75 Minuten gegen Alexander Schewtschenko dafür.
Der 40-jährige Waadtländer verschwindet nach dem Ende schnurstracks in der Garderobe, doch er kommt ziemlich schnell noch einmal zurück, steht Red und Antwort, schreibt Autogramme und lässt Selfies mit sich machen. Der Unterschied zum letzten Jahr, als er ebenfalls bereits in der 1. Runde verlor und danach kaum ansprechbar war, ist frappant.
Fehlendes Selbstvertrauen
«Ich hatte zu Beginn meine Chancen», stellt der dreifache Grand-Slam-Champion fest. «Aber dann ist mir die Partie komplett entglitten.» Wawrinka spricht von den fünf Breakbällen, die er nicht nutzen konnte - und das ist symptomatisch für seine Verfassung im Spät-Spät-Herbst seiner Karriere. «Ich setze mich dann unter Druck, und er gewinnt umgekehrt sofort an Vertrauen.»
Physisch fühlt er sich noch immer auf der Höhe, das Tennis sei grundsätzlich auch da, doch er schafft es viel zu selten, dies in den Matches umzusetzen. Deshalb stellt auch er sich natürlich Fragen zur Zukunft. Genau das erwähnte Selbstvertrauen fehlt beim Romand. Es kommt nur zurück durch Siege, doch ohne das Selbstvertrauen gewinnt er nicht. Ein Teufelskreis, und es bleibt ihm nicht mehr viel Zeit daraus auszubrechen. Aktuell die Nummer 156 der Welt, strebt er eine Rückkehr in die Top 100 an, nur dann macht es Sinn, die Karriere fortzusetzen.
Das möchte Wawrinka gerne, das ist deutlich zu spüren, doch die Zweifel werden auch bei ihm immer grösser. Er reist nun nach Umag weiter, an den Ort, wo er 2006 seinen ersten von sechzehn Turniersiegen auf der ATP Tour gewonnen hat. Er wollte drei Wochen mit vielen Matches aneinander reihen. Letzte Woche in Iasi ging es mit einem Halbfinal (auf Challenger-Niveau) gut los, nun folgen wieder einige Tage mit Training. So fehlt im der Rhythmus, und so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende der Saison eine grosse Karriere zu Ende gehen könnte.
Kyms erster Sieg
Ganz anders war davor die Gefühlslage bei Jérôme Kym, in der Weltrangliste in unmittelbarer Nachbarschaft von Wawrinka klassiert. Sein Weg geht aber in die andere Richtung. Der 22-jährige, von so vielen Verletzungen geplagte Aargauer feierte gegen Calvin Hemery seinen ersten Sieg auf der ATP Tour überhaupt.
Er trainiert bei seinem Coach Markus Hipfl regelmässig in der Höhe und kommt deshalb auch in Gstaad gut zurecht. «Jetzt hier zuhause den ersten Sieg zu feiern, ist sehr speziell», sagt er. «Die Erleichterung ist riesig.»