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Eine EM der Superlative

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Eine EM der Superlative

1. Juli 2025, 05:00 Uhr
Die Weltmeisterinnen aus Spanien werden bei ihrer Ankunft in Lausanne frenetisch willkommen geheissen
© KEYSTONE/GABRIEL MONNET
Nach 2008 trägt die Schweiz zum zweiten Mal eine Fussball-EM aus. Nur zu gerne würde das Team von Pia Sundhage schaffen, was den Männern vor 17 Jahren verwehrt blieb.

Es sollte ein rauschender Fussballsommer werden im Jahr 2008. Das junge Schweizer Männer-Nationalteam hatte zwei Jahre zuvor bei der WM in Deutschland auf sich aufmerksam gemacht. Nun folgte die EM im eigenen Land. Doch das Team von Nationaltrainer Jakob «Köbi» Kuhn konnte den Heimvorteil nicht nutzen und schied nach zwei Niederlagen und einem Sieg als Gruppenletzter hinter Portugal, der Türkei und Tschechien in der Vorrunde aus.

In Erinnerung blieben die Partien in Basel aber trotz des schlechten Abschneidens. Etwa das Eröffnungsspiel mit dem Drama um Captain Alex Frei, der sich früh verletzte. Oder die nicht von Erfolg gekrönte Regenschlacht im St. Jakob-Park, als die Türken den Schweizern in der Nachspielzeit den K.o.-Schlag versetzten. Da war aber auch der versöhnliche Abschluss mit zwei Toren von Hakan Yakin beim 2:0 gegen das bereits für die Viertelfinals qualifizierte Portugal.

Im Scheinwerferlicht Europas

17 Jahre später ist die Schweiz wieder Gastgeberin einer EM-Endrunde. Dieses Mal muss sie sich die Bühne nicht mit einem Co-Gastgeber teilen, bekommt sie das ganze Scheinwerferlicht ab. Europa blickt vom 2. bis 27. Juli auf unser Land, wo zum 14. Mal die Fussball-Europameisterschaft der Frauen ausgetragen wird.

In 31 Spielen wird der Nachfolger von England ermittelt. Die Engländerinnen holten beim Heim-Turnier vor drei Jahren zum ersten Mal den EM-Titel. Zuvor gelang dies 2017 bereits den Niederländerinnen. Das wäre eigentlich ein gutes Omen für die Schweizerinnen, wäre da nicht der Fakt, dass sie bei ihren beiden bisherigen EM-Teilnahmen 2017 und 2022 in der Vorrunde ausgeschieden sind. Hinzu kommt das schlechte Abschneiden in der Nations League. Immerhin feierte das Team von Trainerin Pia Sundhage nach acht Partien ohne Vollerfolg im letzten Test vor dem Eröffnungsspiel einen 4:1-Sieg gegen Tschechien.

Wer vor dem Turnier auf die Schweiz als Titelgewinner setzt, der wird im Erfolgsfall viel Geld einstreichen. Die Gastgeberinnen werden von den Buchmachern im Mittelfeld geführt, hinter Schweden, den Niederlanden und Norwegen, aber vor Island und Finnland. Ergo sehen die Wettanbieter die Schweiz in ihrer Gruppe als Kandidat für die K.o.-Phase. Etwas, das nicht aus der Luft gegriffen ist, das nach den jüngsten Resultaten aber doch ein wenig überrascht. Schliesslich ist die Schweiz sieglos aus der Liga A der Nations League abgestiegen und hat insbesondere in den Partien gegen Norwegen und Island enttäuscht.

Parallelen zu 2008

Eine besondere Bedeutung kommt dem Eröffnungsspiel gegen Norwegen am Mittwoch um 21.00 Uhr in Basel zu. Ein erfolgreicher Start in das Heimturnier wäre von enormer Bedeutung und könnte jene Euphorie bringen, welche die Männer vor 17 Jahren mit der 0:1-Niederlage gegen Tschechien nicht auslösen konnten. Pia Sundhage machte bereits vor dem abschliessenden Spiel der Nations League gegen Norwegen (0:1) kein Geheimnis daraus, dass sie einen EM-Sieg gegen die Skandinavierinnen dem Ligaerhalt in der Nations League vorziehen würde.

Wie schon 2008 wird der St. Jakob-Park Schauplatz des Eröffnungsspiels sein. Anders als noch bei den Männern, deren Final in Wien stattfand, wird auch das Endspiel in Basel ausgetragen. Insgesamt wird in acht Stadien gespielt - von Genf bis St. Gallen, von Sitten bis Basel. Die Schweizerinnen haben ihr Basiscamp am 28. Juni im Hotel Seepark in Thun bezogen. Dort logieren sie während der gesamten EM.

Dass wie schon 2008 bei den Männern Spanien über den EM-Titel jubelt, ist gut möglich. Die Weltmeisterinnen verfügen, was die Qualität und die Breite betrifft, über das beste Kader aller Teilnehmerinnen. Zum Favoritenkreis zählen auch Titelverteidiger England, Rekord-Europameister Deutschland und Frankreich, das in der Schweizer Gruppe der Nations League einen bestechenden Eindruck hinterlassen hat.

Zuschauerrekorde, Fanshirts und Magazine

Die Schweiz stellt mit Désirée Grundbacher zum vierten Mal in Folge und zum insgesamt siebten Mal eine Schiedsrichterin an einer EM-Endrunde. Grundbachers Vorgängerinnen waren Nicole Petignat und Esther Staubli. Für die 41-jährige Grundbacher ist es eine Premiere an einem grossen Turnier. Mit Susanne Küng und Linda Schmid sind zwei Schweizer Assistentinnen ebenfalls für die Endrunde aufgeboten worden. Zudem amtet Fedayi San als Videoschiedsrichter.

Die Organisatoren versprechen sich von der Endrunde, den Frauenfussball sichtbar und auf ihn aufmerksam zu machen. Zumindest vor dem Turnier ist die Euphorie im Land gross. Neue Magazine wurden aus der Taufe gehoben, Fanshirts produziert, Zuschauerrekorde in der Women's Super League aufgestellt. Über 570'000 der insgesamt 673'000 Tickets sind bereits verkauft. Der Rekord von 575'000 Zuschauern an einer Frauen-EM, aufgestellt beim letzten Turnier in England, dürfte also trotz deutlich geringerer Kapazität fallen.

«Wir haben schon sehr viel erreicht, nachdem wir zu Beginn für unsere Zielsetzung einer ausverkauften EM noch belächelt worden sind», sagte Turnierdirektorin Doris Keller 50 Tage vor Beginn der EM an einer Medienkonferenz in Basel.

Minus kalkuliert wegen Preisgeld-Rekord

Trotz ausverkaufter Stadien rechnet die UEFA mit einem satten Minus. Wie Nadine Kessler, Frauenfussball-Direktorin der UEFA, kurz vor Turnierbeginn bei einer Pressekonferenz in Nyon mitteilte, geht der Verband von einem Nettoverlust von 20 bis 25 Millionen Euro aus.

Das ist vor allem auf das üppigere Preisgeld zurückzuführen. Dieses beläuft sich für die teilnehmenden Nationen und Spielerinnen auf 41 Millionen Euro. Nie zuvor wurde auch nur annähernd so viel Geld ausgeschüttet. 2022 betrug das Preisgeld 16 Millionen Euro, 2017 war es die Hälfte.

Als Startgeld erhalten die teilnehmenden Nationen jeweils 1,8 Millionen Euro. Sollte ein Team alle Gruppenspiele und die K.o.-Phase mitsamt Final für sich entscheiden, winkt ein Preisgeld von 5,1 Millionen Euro.

«Wir steigern uns enorm, weil wir wissen, wie wichtig Preisgelder sind, was sie in Bezug auf die öffentliche Wahrnehmung, aber auch in Bezug auf die Förderung der Entwicklung bewirken», sagte Kessler. «Wir investieren mehr, auch wenn wir mit der EM kein Geld verdienen, weil es einfach das Richtige ist.»

Quelle: sda
veröffentlicht: 1. Juli 2025 05:00
aktualisiert: 1. Juli 2025 05:00