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Die Breite spricht für die Berner und Nordostschweizer

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Die Breite spricht für die Berner und Nordostschweizer

28. August 2025, 05:00 Uhr
Gehören auch dank der starken Teamkollegen in Mollis zum engsten Favoritenkreis: der Berner Fabian Staudenmann (links) und der Nordostschweizer Samuel Giger
© KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER
Verteidigen die Innerschweizer die Krone oder holen sich diese die Berner zurück? Können die Nordostschweizer ihre 18-jährige Durststrecke löschen? Eine Einschätzung vor dem Saisonhöhepunkt in Mollis.

Bernisch-Kantonaler Schwingerverband (BKSV)

Mehr als ein Jahrzehnt regierten die Berner die Schwingerschweiz. Viermal in Folge stellten die «Mutzen» den König. Kilian Wenger bestieg den Thron 2010 in Frauenfeld als 20-Jähriger aus dem Nichts, aber umso überzeugender. Vier Jahre später dominierte Matthias Sempach in Burgdorf nach Belieben. In Estavayer 2016 (Matthias Glarner) und in Zug 2019 (Christian Stucki) standen die Berner wiederum zuoberst, auch wenn andere vor dem Fest in der Favoritenrolle waren. Nun, nach drei Jahren ohne Regentschaft, hat der Bernisch-Kantonale Schwingerverband wieder mehrere Trümpfe in der Hand.

Aussichtsreichster Kandidat auf den Königstitel ist Fabian Staudenmann. Der 25-Jährige aus Guggisberg war in den letzten beiden Jahren der dominierende Schwinger. Auch in dieser Saison schwingt der Mathematik-Student mit fünf Kranzfestsiegen obenaus. Hinter Staudenmann etablierte sich Emporkömmling Michael Moser als Nummer 2 im Teilverband. Der gerade 20 Jahre alt gewordene Emmentaler gewann drei Kranzfeste und legte dabei Grössen wie Staudenmann und Adrian Walther auf den Rücken. Nicht wenige trauen Moser zu, es Wenger gleichzutun, der sich in Frauenfeld als Teilverbandskranzer die Krone aufsetzte.

Mit dem in dieser Saison bisher hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Adrian Walther und Routinier Matthias Aeschbacher, der vor drei Jahren in Pratteln so nahe am Königstitel war, haben die Berner weitere Kandidaten, die zumindest mit einem Auge auf die Krone schielen.

Innerschweizer Schwingerverband (ISV)

Joel Wicki ist im Innerschweizer Teilverband der alles überragende Mann. Aufgrund einer Knieverletzung musste der Schwingerkönig von Pratteln eine rund einmonatige Wettkampfpause einlegen. Umso beeindruckender kam Wicki zurück. Er siegte sowohl am Innerschweizerischen als auch auf dem Brünig. Wie vor drei Jahren soll der 28-Jährige die Innerschweizer Kohlen aus dem Feuer holen.

Der erst zweite Königstitel für den grössten Teilverband - der erste seit Heinrich Knüsel 1986 in Sitten - vermochte 2022 jedoch nicht über die enttäuschende Mannschaftsleistung hinwegzutäuschen. Lediglich sieben Kränze holten die Innerschweizer - gleich viele wie die Nordwestschweizer. Eine weitere herbe Niederlage setzte es im vergangenen Jahr in Appenzell ab, wo beim Eidgenössischen Jubiläumsschwingfest der beste Innerschweizer der junge Urner Lukas Bissig im Rang 5a war.

Zur schmalen Innerschweizer Spitze gehört neben Wicki Pirmin Reichmuth. Läuft es dem in Muotathal wohnenden Zuger Hünen, ist alles möglich. Das bewies er vor drei Jahren, als er nach fünf Gängen auf Königskurs war, ehe zwei Niederlagen den ganz grossen Wurf verhinderten.

Hinter Wicki und Reichmuth sind es vor allem die Jungen, die in diesem Jahr auf sich aufmerksam gemacht haben. Bissig und Marc Lustenberger konnten je ein Kranzfest gewinnen und streben wie Samuel Schwyzer den ersten eidgenössischen Kranz an. Hinzu kommen erfahrene Athleten wie Joel Ambühl, Marcel Bieri und Sven Schurtenberger, die den beiden Spitzenschwingern den Rücken freihalten sollen.

Nordostschweizer Schwingerverband (NOSV)

Seit Jörg Abderhalden 2007 in Aarau warten die Nordostschweizer auf einen Königstitel. Eine Ewigkeit für den so erfolgsverwöhnten Teilverband, der von 1995 bis 2007 fünfmal in Folge den König stellte. Trotz einer enorm breiten Spitze und absoluten Top-Schwingern gelang es auch in den letzten Jahren nicht, zurück auf den Thron zu steigen.

Vor allem Samuel Giger wurde stets zugetraut, in die Fussstapfen von Abderhalden zu treten. Doch dem Thurgauer Modellathleten versagten sowohl in Zug als auch in Pratteln als Topfavorit die Nerven. Am Kilchberger 2021 und am Unspunnen 2023 zeigte der 27-Jährige jedoch durchaus, dass er mit Druck umgehen kann. Nun will er den Schwinger-Grand-Slam in Mollis vervollständigen.

Hinter Giger haben die Nordostschweizer weitere aussichtsreiche Kandidaten; die Spitze ist gar noch breiter als bei den Bernern. Da wäre zum einen Armon Orlik. Der Bündner stand als damals 21-Jähriger schon in Estavayer im Schlussgang, verlor diesen aber ebenso wie die Endausmarchung im vergangenen Jahr in Appenzell. Zweifelsohne hat der Maienfelder das Potenzial, sich in Mollis die Krone aufzusetzen. Gleiches gilt für den 22-jährigen Werner Schlegel, dessen Stern im vergangenen Jahr aufging. Zu Beginn dieser Saison wurde der Toggenburger von einer Verletzung zurückgebunden. Nun ist er aber wieder im Vollbesitz seiner Kräfte. Zum Favoritenkreis zählt auch der wiedererstarkte Damian Ott, dreifacher Kranzfestsieger in dieser Saison.

Nordwestschweizer Schwingerverband (NWSV)

Fünf Königstitel können die Nordwestschweizer ihr Eigen nennen. Damit nehmen sie Platz 3 ein, noch vor dem Innerschweizer Verband. Der letzte Triumph liegt jedoch bereits 67 Jahre zurück: 1958 in Freiburg wurde Max Widmer Schwingerkönig. Dass in Mollis einer aus dem Nordwestschweizer Verband triumphieren wird, scheint unwahrscheinlich. Zu schmal ist die Spitze.

Für eine Spitzenplatzierung kommen der von einem Kreuzbandriss genesene Joel Strebel und allen voran Nick Alpiger infrage. Letzterer sorgte in Pratteln mit Rang 2b für ein Glanzresultat. Der Baselländer Adrian Odermatt war damals als Dritter der beste Neueidgenosse. Ein ähnliches Resultat streben die Teilverbandskranzer Sinisha Lüscher (19) und Marius Frank (20) an, die am Aargauer Kantonalen einen Co-Sieg und ihren ersten Triumph an einem Kranzfest feierten.

Südwestschweizer Schwingerverband (SWSV)

Mit Abstand am längsten wartet der Südwestschweizer Teilverband auf einen Königstitel. Henri Wernli 1926 in Luzern war der zweite und bis heute letzte Schwingerkönig aus den Reigen der Südwestschweizer. Die Aussichten, die bald 100-jährige Durststrecke zu löschen, sind schlecht. Am ehesten eine Spitzenplatzierung zugetraut werden darf Lario Kramer. Der Freiburger hat in dieser Saison bereits drei Kranzfeste gewonnen. Allerdings war die Konkurrenz am Genfer, Neuenburger und Walliser Kantonalen überschaubar.

Für die Südwestschweizer geht es in Mollis vornehmlich um die Kränze. Neben Kramer strebt diesen auch der Freiburger Romain Collaud an. Wie weit die Eidgenossen Benjamin Gapany und Steve Duplan nach ihren Verletzungen sind, wird sich zeigen.

Quelle: sda
veröffentlicht: 28. August 2025 05:00
aktualisiert: 28. August 2025 05:00