Am Ende soll Sundhage tanzen
Ana-Maria Crnogorcevic hat in ihrer Karriere im Nationalteam schon viel erlebt. Seit ihrem Debüt im August 2009 gegen Schweden (3:0) sind fast 16 Jahre vergangen. Damals lief die Berner Oberländerin als Sturmspitze auf, und im Stadion Niedermatten in Wohlen verloren sich etwas über 200 Menschen auf den Zuschauerrängen.
Am Mittwochnachmittag sitzt Crnogorcevic im Bauch des Stade de Genève. Im rot-weissen Trikot hat keine Frau mehr Spiele bestritten (171) und Tore erzielt (74) als die 34-Jährige, an der sich zumindest skizzenhaft nachzeichnen lässt, welche Entwicklung der Frauenfussball genommen hat, seit sie als kleines Mädchen erstmals ihre Schuhe für den FC Steffisburg schnürte.
Autogramme beim Einkaufen
Denn wenn das Schweizer Nationalteam am Donnerstag ins Stadion fahren wird, werden Fans erwartungsfroh beim Garageneingang stehen, ihre Schweizer Fahnen schwenken und «Hop Suisse» rufen. Es werden wohl einige Frauen und Männer hoffnungsvoll den Weg zum Stadion auch ohne Ticket auf sich nehmen, in der Hoffnung, vor den Drehkreuzen doch noch eine der begehrten Eintrittskarten ergattern zu können. Und es werden in den Restaurants und Bars der Schweiz, aber auch auf den heimischen Sofas, Tausende mitfiebern mit diesem Team und hoffen, dass die EM-Reise der Gastgeberinnen am Donnerstagabend nicht jäh zu Ende geht.
«Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich einmal so etwas erleben würde», sagt Crnogorcevic und erzählt, wie sie mittlerweile beim Einkaufen erkannt und um ein Foto oder Autogramm gebeten werde – nicht nur von Mädchen, sondern auch von Jungs. Und dass die Leute nun auch mit ihrem Namen auf dem Trikot herumlaufen und über die Spiele des Teams diskutiert wird, zeigt Crnogorcevic, wie sehr sich der Sport entwickelt hat und mittlerweile en vogue ist. «Ich hoffe, es geht so weiter.»
Crnogorcevics Flexibilität
Crnogorcevic hat in der Schweizer Auswahl nicht mehr die sportliche Wichtigkeit von einst, dennoch wurde sie in den bisherigen EM-Partien gegen Norwegen und Island jeweils eingewechselt. Nicht mehr als torgefährliche Sturmspitze, sondern auf der rechten Abwehrseite als Verteidigerin mit Offensivdrang.
Es ist die Rolle, welche Trainerin Pia Sundhage für die Berner Oberländerin vorsieht, zumal sie auch zu ihrer Zeit beim FC Barcelona jeweils in dieser Position nominiert wurde. Die Variabilität kommt dem Team zugute, und als Crnogorcevic gefragt wird, ob sie eigentlich auch als Innenverteidigerin auflaufen könnte, sagt sie mit einem Lächeln: «Ich würde es wohl irgendwie hinbekommen.»
Auf derlei Experimente wird sich Sundhage am Donnerstag (21 Uhr) im letzten EM-Gruppenspiel gegen Finnland kaum einlassen. Schliesslich steht für die Schweizerinnen der erstmalige Einzug in die Viertelfinals einer Europameisterschaft auf dem Spiel. «Wir müssen die Balance finden», sagt die Schwedin. «Die Balance, unser eigenes Spiel zu spielen und uns, wenn nötig, an die Gegnerinnen anzupassen.»
Inspiration durch Wandeler und Pilgrim
Auch Crnogorcevic möchte nicht auf ein Unentschieden spekulieren, welches das Weiterkommen der Schweiz sicherstellen würde. «Wir wollen Tore schiessen und gewinnen», sagt sie. Aber Finnland sei das stärkste Team der Gruppe und taktisch sehr variabel. «Es wird nicht einfach, aber es ist unser grosses Ziel, Geschichte zu schreiben.»
Vielleicht sorgt Sundhage, die leidenschaftliche Sängerin, mit einem Versprechen für spezielle Motivation bei ihren Spielerinnen: Leila Wandeler und Alayah Pilgrim verrieten nach dem Sieg gegen Island, dass sie in der Garderobe tanzen würden. Für Sundhage ist klar: «Wenn wir es in die Viertelfinals schaffen, werde ich auch ein paar Schritte tanzen. Denn dann werde ich sehr, sehr glücklich sein.»
Die möglichen Aufstellungen:
Finnland - Schweiz
Donnerstag, 21.00 Uhr. - Stade de Genève, Genf. - SR Frappart (FRA).
Finnland: Koivunen; Koivisto, Kuikka, Nyström, Tynnilä; Kosola, Öling, Summanen, Siren; Sällström; Franssi
Schweiz: Peng; Calligaris, Stierli, Maritz; Beney, Wälti, Reuteler, Vallotto, Riesen; Fölmli, Schertenleib.
Bemerkungen: Wälti (Kniebeschwerden) fraglich.