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«Wir können die Risiken besser identifizieren»

Tour de Suisse

«Wir können die Risiken besser identifizieren»

6. Juni 2025, 05:00 Uhr
Direktor Olivier Senn äussert sich eine Woche vor Beginn der Tour de Suisse zum Stand der Vorbereitungen und den Neuerungen zugunsten der Sicherheit
© KEYSTONE/URS FLUEELER
Der Tour-de-Suisse-Direktor Olivier Senn blickt auf die 88. Landesrundfahrt voraus und erklärt, warum die Frauen den Männern vorgezogen werden. Zudem spricht der Aargauer über das Thema Sicherheit.

Olivier Senn, im Gegensatz zu 2024, als weder der Nufenen- noch der Furkapass befahren werden konnten, müssen Sie sich heuer über Wintersperren auf der geplanten Route keine Gedanken machen. Wälzen Sie dafür eine Woche vor Beginn der Tour de Suisse andere Sorgen?

«Ob die Pässe offen sind oder nicht, ist dieses Jahr glücklicherweise kein Thema. Letztes Wochenende ging auch der San Bernardino als letzter Pass, der heuer mit der Tour befahren wird, auf. Generell sind wir in der Planung sehr, sehr weit. Man merkt, dass wir dieses Jahr nicht noch parallel eine Heim-WM planen müssen.»

Erstmals findet die Tour de Suisse der Frauen, die am nächsten Donnerstag in Gstaad beginnt, vor der Rundfahrt der Männer statt. Warum haben Sie die Frauen-Tour vorgezogen?

«Das geschah vor allem aus zwei Gründen. Mit diesem Termin werden wir den Leistungen der Frauen und der absoluten Topbesetzung der Rundfahrt viel besser gerecht. Sie stehen dadurch klar im Fokus und finden nicht einfach nur nebenbei oder nach der Männer-Tour statt.»

Und der zweite Grund?

«Bis letztes Jahr standen wir mit der Frauen-Tour im Sandwich mit den nationalen Meisterschaften, die am Tag nach dem Tour-Ende mit dem Zeitfahren begannen. Dieses Problem sind wir los und damit auch weniger in Gefahr, dass Spitzenathletinnen und -teams auf den Start an der Tour de Suisse Women verzichten müssen. Nun können sich die Fahrerinnen ganz auf die Tour de Suisse konzentrieren.»

2024 schrieb die Tour de Suisse Women einen Verlust im tiefen sechsstelligen Bereich. Wirkt sich die grössere Plattform für das Frauenrennen vielleicht auch auf der Einnahmeseite positiv aus?

«Leider noch nicht. Es ist immer noch das Gleiche: Es sind hohe Erwartungen vorhanden, wie man den Frauen-Sport als Veranstalter pushen soll. Aber dafür zahlen, das will keiner. Doch wir hoffen weiter, dass sich das - gerade auch wegen der besseren Plattform - künftig ändern wird.»

Wie lautet Ihr Wunschszenario für die 88. Austragung der Männer-Tour?

«Wie immer: Dass sich das Gesamtklassement vor der letzten Etappe noch offen präsentiert.»

Wechseln wir vom Sport zum Thema Sicherheit. Mit Gino Mäder an der Tour de Suisse 2023 und Muriel Furrer an der letztjährigen WM in Zürich wurde der Schweizer Radsport zuletzt gleich durch zwei tödliche Rennunfälle erschüttert. Nun führt die Tour de Suisse - als erstes Radrennen weltweit - ein umfassendes Fahrer- und Konvoi-Tracking sowie eine mobile Sicherheitszentrale ein. Was ist Ihre Absicht mit diesen Massnahmen?

«Es geht insgesamt um drei Themenblöcke. Der eine ist, dass wir die Risiken besser identifizieren können. Wir gehen im Vorfeld mit mehr Leuten auf die Strecke und inspizieren diese anders als früher. Das Ganze wird dann im VeloViewer festgehalten. Ein System, das von allen Teams verwendet wird. Als zweiter Punkt kommt dazu, dass wir diese Informationen viel besser und quasi live den Teams und allen Fahrern kommunizieren können.»

Und der letzte Punkt?

«Betrifft das Tracking und die Überwachung. Wir tracken alle Fahrerinnen und Fahrer und alle Fahrzeuge. Diese Informationen fliessen in der mobilen Sicherheitszentrale zusammen. Dort sind drei Leute beschäftigt. Je einer fokussiert sich auf die Fahrer und den Konvoi, der dritte hat das Gesamte im Blick. Das beinhaltet dann auch Fernsehsignale, den VeloViewer oder den Wetter-Radar.»

Ist das technisch ein Problem?

«Die einzelnen Teile sind technisch das kleinere Problem. Es gibt alles schon mehr oder weniger lang. Aber das an einer Stelle, eben der Sicherheitszentrale, zusammenzubringen und dann mit diesen Informationen die richtigen Entscheide zu treffen, das gab es so noch nie.»

Dann geht es in einer ersten Phase der Rundfahrt wohl auch noch darum, im «scharfen» Betrieb Erkenntnisse zu sammeln und zu lernen?

«Absolut. Das System steht so erstmals im Rennbetrieb im Einsatz. Bis zur Mitte, spätestens Ende der Tour wollen wir auf dem Niveau sein, dass wir das System wirklich verstehen und anwenden können. Aber auch, dass wir wichtige Erkenntnisse für die Zukunft sammeln können.»

Quelle: sda
veröffentlicht: 6. Juni 2025 05:00
aktualisiert: 6. Juni 2025 05:00