Die Berner lassen auf dem Stoos die Muskeln spielen
Es ist noch gar nicht allzu lange her, da gab es vonseiten der Berner Schwinger eine Lehrstunde für die Konkurrenz. Am eidgenössischen Jubiläumsschwingfest in Appenzell im vergangenen September feierten die «Mutzen» einen Co-Sieg durch Fabian Staudenmann und Überraschungsmann Fabio Hiltbrunner. Sieben Berner waren in den ersten acht Rängen klassiert. Nur der Bündner Armon Orlik verhinderte ein für die Konkurrenz noch desaströseres Ergebnis.
Die Berner Dominanz hält an
Neun Monate sind seither ins Land gezogen. Geändert hat sich an der Vormachtstellung im Schweizer Schwingsport nichts. In Abwesenheit der Nordostschweizer dominieren die Berner Gäste das erste Bergkranzfest der Saison auf dem Stoos nach Belieben. Am Ende stehen mit dem überlegenen Festsieger Fabian Staudenmann, Schlussgangteilnehmer Adrian Walther und Mathias Aeschbacher wieder drei Berner ganz vorne in der Rangliste. Der Urner Lukas Bissig und der Luzerner Kilian Bühler sind im geteilten 4. Rang die besten der Innerschweizer Fraktion.
«Ich bin sehr glücklich mit dem Tag. Für mich ragt die Konstanz heraus», sagte Festsieger Staudenmann. «Es gab einige Gänge, die über mehrere Minuten gingen. Und auch in denen habe ich ein Rezept gefunden. Das nehme ich mit.»
Keine guten Neuigkeiten für die Konkurrenz, die Staudenmann und Walther am Pfingstmontag zu Statisten haben verkommen lassen. Nach der Machtdemonstration wollte Staudenmann aber nichts von Berner Festspielen wissen. Stattdessen sprach er vom Verletzungspech, das die Innerschweizer zu beklagen gehabt hätten und von gewichtigen Ausfällen. «Bei einem nächsten Aufeinandertreffen startet alles wieder bei Null», ist er sich sicher.
Die Fragezeichen bei den Innerschweizern
Klar, mit Schwingerkönig Joel Wicki, der verletzungsbedingt fehlte und der auf dem Stoos bereits viermal triumphierte, fehlte der grösste Innerschweizer Trumpf. Zudem ging mit Marcel Bieri einer der verbliebenen Hochkaräter im ersten Gang gegen Walther k.o. - der spätere Schlussgangteilnehmer traf den Zuger ohne Absicht mit dem Ellenbogen im Gesicht. Eine blutige Nase und das Festende für den Sieger des Schwyzer Kantonalen waren die Folge. Es sollte ein Sinnbild sein für die Innerschweizer Ambitionen, die an diesem Pfingstmontag den Bach hinunter gingen.
Nach dem Ausfall von Bieri und der Startniederlage von Joel Ambühl lastete der ganze Druck der Innerschweiz auf den Schultern von Pirmin Reichmuth. Gewiss, der Zuger hat ein breites Kreuz. Und an guten Tagen kann er auch dies schultern. Doch bereits im Anschwingen fand der Sieger des Luzerner Kantonalen kein Mittel gegen Matthias Aeschbacher. Schliesslich machte Staudenmann alle Innerschweizer Hoffnungen auf eine Schlussgangteilnahme mit seiner Machtdemonstration im vierten Gang zunichte, als Reichmuth die ersten Angriffe des besten Schwingers der vergangenen zwei Jahre mit Glück noch abwehren konnte, schliesslich aber doch die Stärke des Gegners eingestehen musste.
Die Nordostschweizer lechzen nach dem Königstitel
Klar ist, dass sich die Innerschweizer deutlich steigern müssen, wenn sie beim Saisonhöhepunkt in Mollis ein Wörtchen um den Königstitel mitreden wollen. Eher als ihnen wird aber ohnehin den Nordostschweizern zugetraut, in den Kampf um die Thronfolge von Wicki einzugreifen. Seit 2007 wartet der NOSV auf den Königstitel - eine Ewigkeit. Ihre Stärke zeigten Samuel Giger, Werner Schlegel & Co. im vergangenen Jahr - natürlich - auf dem Stoos, als sie, ähnlich den Bernern in diesem Jahr, den Festsieg untereinander ausmachten.
Die Nordostschweizer und die Berner treffen am Schwarzsee (22. Juni), auf dem Weissenstein (19. Juli) und am Nordwestschweizer (10. August) aufeinander. Entweder fehlt auf der einen Seite jedoch Staudenmann oder auf der anderen Giger. So wird erst das Eidgenössische in Mollis Aufschluss über die wahren Kräfteverhältnisse im Schweizer Schwingsport geben.