Tausende demonstrieren in Israel für Freilassung der Geiseln
Scharabi (53) war selbst 16 Monate lang Geisel in den Tunneln der Hamas in Gaza. Nach seiner Freilassung Anfang Februar dieses Jahres musste er erfahren, dass seine Frau und seine beiden kleinen Töchter beim Massaker der Terroristen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober 2023 ermordet wurden. Die Familie hatte im Kibbuz Beeri gewohnt, nahe der Gaza-Grenze im Süden Israels. Der Leichnam seines entführten Bruders Jossi wird noch in Gaza festgehalten.
An Israels Regierungspolitiker gewandt, sagte Scharabi in seiner Ansprache: «Ihr wurdet gewählt, um diesem Volk zu dienen. Mit Demut, mit Bescheidenheit. Es war Arroganz, die das Unheil über uns brachte - und wir dürfen nicht mehr zu diesem Verhaltensmuster zurückkehren.»
Nach offiziellen israelischen Angaben werden noch 50 aus Israel entführte Menschen im Gazastreifen festgehalten, davon sollen mindestens 20 noch am Leben sein. In der katarischen Hauptstadt Doha verhandeln derzeit Israel und die Hamas in indirekten Gesprächen über eine 60-tägige Waffenruhe, die auch zur Freilassung von zehn lebenden Geiseln und der Übergabe mehrerer Leichen von Verschleppten führen soll. Die Gespräche gelten als schwierig und gerieten zuletzt ins Stocken.
Die Proteste richteten sich gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, weil sie aus Sicht der Demonstranten den Prozess der Geiselfreilassung in die Länge zieht. Erst im Laufe der angestrebten 60-tägigen Feuerpause sollen die Seiten über eine dauerhafte Einstellung der Kampfhandlungen und die Freilassung der letzten Geiseln verhandeln. Eine Aussicht auf Freilassung haben diese nur, wenn es dabei zu einer Einigung kommt.
Kritiker werfen Netanjahu vor, durch das Hinauszögern der Schritte zu einem Kriegsende sein eigenes politisches Überleben sichern zu wollen. Seine Regierungskoalition schliesst rechtsextreme und ultra-religiöse Parteien ein, die eine militärische Besatzung des Gazastreifens fordern, um dort israelische Siedlungen zu errichten.