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Syrische Regierungstruppen beziehen Stellung nahe Suwaida

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Syrische Regierungstruppen beziehen Stellung nahe Suwaida

18. Juli 2025, 13:11 Uhr
Vertriebene arabische Familien der sunnitischen Beduinen verlassen das Gebiet mit ihren Habseligkeiten in der südsyrischen Provinz Suwaida in Richtung der benachbarten Provinz Daraa. Foto: Moawia Atrash/dpa
© Keystone/dpa/Moawia Atrash
Nach den tagelangen Kämpfen mit Hunderten Toten und Berichten über Exekutionen von Zivilisten wachsen die Spannungen in der syrischen Provinz Suwaida wieder.

Sicherheitskräfte der syrischen Übergangsregierung hatten Stellung an den Rändern der gleichnamigen Provinzhauptstadt bezogen, wie die Deutsche Presse-Agentur von Augenzeugen vor Ort und aus syrischen Sicherheitskreisen erfuhr. Demnach bereiteten sie sich darauf vor, erneut nach Suwaida einzurücken, um lokale Konfliktparteien auseinanderzuhalten.

Die Regierung in Damaskus bestritt allerdings Berichte, wonach sich die Sicherheitskräfte bereits in Bewegung gesetzt hätten. Sie seien in «normaler Bereitschaft», teilte ein Sprecher mit. Es gebe jedoch innerhalb der Provinz derzeit Kämpfe zwischen drusischen Milizen und Beduinen, für die Damaskus die Drusen verantwortlich machte.

Angeblich 83 drusische Zivilisten hingerichtet

Den Truppen der Regierung werden schwere Verbrechen in Suwaida vorgeworfen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Grossbritannien, die sich auf ein Netz von Informanten vor Ort stützt, sprach von 83 hingerichteten drusischen Zivilisten in den vergangenen Tagen. Drei Beduinen, darunter eine Frau und ein Kind, sollen hingegen von drusischen Milizen exekutiert worden sein. Präsident Ahmed al-Scharaa machte «gesetzlose Banden» für diese Übergriffe verantwortlich.

Insgesamt sollen bei den Auseinandersetzungen mehr als 500 Menschen getötet worden sein. Die Stadt ist nach Angaben der Beobachtungsstelle von wichtigen Versorgungsdienstleistungen wie Wasser und Strom abgeschnitten. Auch Nahrungsmittel seien knapp.

Israel kündigte an, die Menschen in Suwaida umgehend mit humanitären Gütern im Wert von zwei Millionen Schekeln (etwa 478.000 Franken) zu unterstützen. Dazu gehörten unter anderem Lebensmittel und medizinische Güter, hiess es in einer Mitteilung des israelischen Aussenministers Gideon Saar.

Flucht beduinischer Einwohner

In Suwaida kam es in den vergangenen Tagen zu schweren Spannungen zwischen drusischen Milizen und sunnitischen Beduinen. Die Regierungstruppen hatten auf Seite der Beduinen in die Kämpfe eingegriffen, bevor Israel zur Unterstützung der Drusen Regierungsgebäude in Damaskus und andere Ziele in Syrien angriff.

Unter Vermittlung der USA, der Türkei und arabischer Staaten kam es zu einer Waffenruhe. Die Regierungstruppen zogen sich am Donnerstag aus der Stadt zurück. Drusische Milizen übernahmen die Kontrolle, was zur Flucht beduinischer Einwohner führte.

Suwaida ist eine grösstenteils von Drusen bewohnte Stadt mit knapp 400.000 Einwohnern. Die Drusen sind Mitglieder einer religiösen Gemeinschaft, die sich vor Jahrhunderten aus dem schiitischen Islam entwickelt hat, aber schon lange als eigenständige Religion gilt. Sie leben in Syrien, dem Libanon, Israel und Jordanien. In der Provinz Suwaida genossen sie während des Bürgerkriegs teils weitgehende Autonomie. Viele stehen der von sunnitischen Islamisten geführten Übergangsregierung in Damaskus mit Skepsis gegenüber.

Der geistliche Führer der Drusen in Syrien, Hikmat al-Hidschri, lehnt es ab, dass Regierungstruppen erneut die Stadt betreten. Auch Vertreter arabischer Stammesmilizen, die zur Unterstützung der Beduinen nach eigenen Angaben Zehntausende Kämpfer aus ganz Syrien in Bewegung gesetzt hatten, warnten die Regierung vor einem Eingreifen.

Netanjahu hat Schutz «drusischer Brüder» als rote Linie ausgegeben

In Israel nehmen die Drusen eine Sonderstellung ein, weil sie anders als muslimische und christliche Araber Militärdienst leisten und eine wichtige Rolle in der Armee spielen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den Schutz der «drusischen Brüder» als rote Linie ausgegeben. Syriens Übergangspräsident al-Scharaa hingegen hatte Israel vorgeworfen, sein Land in einen Krieg hineinziehen zu wollen.

Quelle: sda
veröffentlicht: 18. Juli 2025 13:11
aktualisiert: 18. Juli 2025 13:11