Erkundungsstollen beim Zürcher Stadelhofen wird später Notausgang
«Erdöl haben wir bislang leider keines gefunden», sagte Marc Weber-Lenkel von den SBB am Dienstagmorgen auf der Baustelle rund um den Erkundungsstollens und lachte. Er ist Gesamtprojektliter des Bahnhofausbaus Zürich Stadelhofen und informierte mit Christoph Jauslin, Projektleiter des Erkundungsstollens, über den Stollen.
Das Grossprojekt ist aus finanzieller Sicht beachtlich. Mit geschätzten Kosten von rund 1,1 Milliarden Franken zählt der Ausbau des Bahnhofs Stadelhofen zu den grössten Massnahmen im Rahmen des 13 Milliarden Franken teuren Bahn-Ausbauschritts 2035 des Bundes.
Die beiden Projektverantwortlichen betonten: Der Ausbau des Bahnhofs Stadelhofen drängt. «Die Strecke Zürich-Winterthur ist bereits heute am Limit», sagte Weber. Zur Veranschaulichung: Täglich verkehren im Bahnhof Stadelhofen 770 Züge und rund 80'000 Personen - laut den SBB mehr als in Olten, Genf oder St. Gallen.
Viertes unterirdisches Gleis
Das Ausbau-Projekt beinhaltet in erster Linie ein neues, viertes Gleis. Diese wird unterirdisch zirka 40 Meter hinter dem heutigen Bahnhof erstellt.
Weiter umfasst der Ausbau auch einen zweiten Riesbachtunnel nach Tiefenbrunnen. Und es ist - um das vierte Gleis an die bestehende Bahninfrastruktur anzubinden - ein zweiter Hirschengrabentunnel Richtung Zürich HB und ein zweiter Zürichbergtunnel Richtung Stettbach notwendig.
Läuft alles nach Plan, sollen 2027 die Bauarbeiten beginnen. Rund zehn Jahre wird danach daran gebaut, dass die Leistungsfähigkeit des Bahnhofs Stadelhofen schliesslich um 50 Prozent gesteigert werden kann.
Baugrund erkunden
Doch bis zum Baustart steht einiges anderes an: Neben dem Bewilligungsverfahren, welches die öffentliche Auflage einschliesst, erkunden die SBB den Baugrund. Um auf möglichst vieles vorbereitet zu sein, um die Bauarbeiten möglichst genau ausschreiben zu können und um den Baufortschritt möglichst genau planen zu können.
Dafür wird derzeit ein rund 23 Meter langer und 5 Meter breiter Erkundungsstollen gebohrt. Dieser führt kurz vor dem Eingang des früheren Lettentunnels auf der Höhe des Gleises 3 ins Erdreich bis zur Stelle, wo dereinst das neue unterirdische Geleis entlang läuft. Wenn der gesamte Stadelhofen-Ausbau einmal fertig ist, wird der Stollen als Notausgang für das vierte Gleis dienen.
Einen Meter pro halbe Woche
Rund zehn Personen arbeiten derzeit an dem Erkundungsstollen. Pro halbe Woche kommen die Bohrarbeiten rund einen Meter weit, wie Christoph Jauslin ausführte. Im kommenden Frühling sollten sie beendet sein.
Insgesamt werden rund 600 Kubikmeter Erdreich ausgehoben und jeweils nachts abtransportiert. Hauptsächlich handelt es sich um Lockergestein, wie der Stollen-Projektleiter ausführte. Dieses mache die Bohrarbeiten anspruchsvoll.
Die Arbeiter entnehmen Bodenproben und spritzen Zement in Bohrlöcher, um das Tunnelgewölbe, das die Form eines Spitzbogens hat, zu stabilisieren. Untersucht wird aber nicht nur der Baugrund - auch die Bodenbelastung, der Lärm und die Verformung stehen im Fokus der Vorbereitungsarbeiten. Beispielsweise werden die Häuser oberhalb der Baustelle überwacht, Bewegungen millimetergenau aufgezeichnet.
Bislang sei aber nichts Unerwartetes entdeckt worden, sagte Gesamtprojektleiter Marc Weber-Lenkel. Die Kosten für die Erkundungsarbeiten schätzten die Verantwortlichen auf einen tiefen einstelligen Millionenbetrag.
Fussgängertunel zum Kunsthaus
Im Zusammenhang mit dem Ausbau des Bahnhofs Stadelhofen denkt die Stadt Zürich über einen 400 Meter langen Fussgängertunnel vom Bahnhof Stadelhofen zum Zürcher Kunsthaus nach. Das Stadtparlament hatte im vergangenen Oktober rund 11 Millionen Franken für Projektierungskosten und Sicherungsarbeiten im Untergrund bewilligt.
«Wenn die Stadt Zürich diesen Zugang will, sind wir bereit», sagte Marc Weber-Lenkel am Dienstag dazu. Die SBB seien «im intensiven Austausch» mit den Behörden. Für ein solches Projekt seien unter anderem aber auch Bodenverbesserungsmassnahmen notwendig. Der Zug dafür ist aber noch nicht abgefahren: In mehr oder weniger zwei Jahren müsse die Stadt sich entschieden haben, ob sie diesen Fussgängertunnel wolle oder nicht, sagte Weber-Lenkel.