US-Regierung legt Berufung gegen Gerichtsentscheid zu Zöllen ein
Ein Bundesgericht in den USA hat seiner Regierung die Befugnis abgesprochen, weitreichende Zölle unter Berufung auf ein Notstandsgesetz zu verhängen. Damit ist Trumps aggressive Handelspolitik, die Finanzmärkte weltweit erschüttert und auch Private viel Geld gekostet hat, zumindest vorerst ausgebremst.
Das zuständige Gericht für internationalen Handel in New York ordnete an, die betreffenden Zölle müssten vorerst «aufgehoben und ihre Anwendung dauerhaft untersagt» werden. Die Entscheidung betrifft fast alle von Trumps Regierung erlassenen Zölle - darunter jene Strafabgaben, die der Republikaner am von ihm so bezeichneten «Tag der Befreiung» Anfang April verhängt hatte, aber auch bestimmte Zölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China.
Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen. Der juristische Streit wird nun aller Voraussicht nach den Weg durch die Instanzen gehen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Berufungsgericht die Zölle bis zu einer finalen Entscheidung wieder in Kraft setzt.
Schweiz will bis am 9. Juli eine Lösung
Trump hatte Anfang April bei einer Veranstaltung im Rosengarten des Weissen Hauses ein weitreichendes Zollpaket vorgestellt und Handelspartnern der USA den Kampf angesagt. Er verhängte damals universelle Zölle in Höhe von 10 Prozent, die Waren aus fast aller Welt betreffen. Hinzu kamen länderspezifische Zusatzzölle. Für die Schweiz betrug dieser Zollsatz 21 Prozent. Die Zusatzzölle wurden wenige Tage später für neunzig Tage ausgesetzt.
Mehrere Länder reagierten mit der Ankündigung von Gegenmassnahmen, während andere den Weg über Verhandlungen suchten. Der Bundesrat will bis am 9. Juli mit den USA eine Lösung im Handelsstreit finden. Er verabschiedete dafür am Mittwoch einen Entwurf eines Verhandlungsmandats.
Gegen die verhängten Zölle geklagt hatten unter anderem ein Dutzend US-Bundesstaaten vor dem Gericht in New York - zehn von ihnen werden von den Demokraten regiert, zwei von Trumps Republikanern. Auch andere Gegner von Trumps Handelspolitik reichten Klage gegen die Zölle ein. Die nationale Handelspolitik dürfe nicht von Trumps Launen abhängen, hiess es in einem der Anträge.
Trump beruft sich wegen Handelsdefizits auf Notstand
Zölle müssen in der Regel vom US-Parlament genehmigt werden - aber in der Praxis kann der Präsident unter bestimmten Voraussetzungen eigenständig Zölle verhängen. Trump argumentiert, dass Handelsdefizite mit anderen Ländern ein nationales Sicherheitsrisiko seien und damit ein nationaler Notstand bestehe. Mit dieser Begründung verhängte der Republikaner die weitreichenden Zölle per Dekret - und umging in diesem Fall das Parlament. Er nutzte dafür ein Gesetz aus dem Jahr 1977, das noch nie zuvor für Zölle angewandt worden war. Das Gericht in New York kam zum Schluss, dass dies nicht rechtens ist.
Kush Desai, ein Sprecher des Weissen Hauses, kritisierte die Entscheidung des Gerichts scharf. Die Handelsdefizite hätten eine nationale Notlage geschaffen, die amerikanische Gemeinden schwäche, Arbeiter in Nöte bringe und die US-Verteidigungsindustrie geschwächt habe, hiess es in einer Erklärung, die der deutschen Nachrichtenagentur DPA in Washington vorlag. Nicht gewählte Richter hätten nicht darüber zu entscheiden, wie man mit einem nationalen Notstand umgehe. «Präsident Trump hat versprochen, Amerika an die erste Stelle zu setzen.»
Trump betont regelmässig, mit den Zöllen Arbeitsplätze zurück in die USA holen und die heimische Produktion ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig trat er in Verhandlungen mit mehreren Handelspartnern und nutzte die Zölle als Druckmittel, um Zugeständnisse zu erzwingen. Gerade erst hat Grossbritannien einen Handelspakt mit den USA geschlossen, um hohe Zölle abzuwenden. Auch mit China hat die US-Regierung eine Senkung der gegenseitigen Zölle ausgehandelt.
Hauptgegner EU und China
Besonders gegen die Europäische Union (EU) wettert Trump immer wieder heftig. Regelmässig wirft er der EU vor, die USA «abzuzocken», während er mit höheren Zöllen auf Einfuhren in die Vereinigten Staaten mehr Gleichgewicht im Welthandel erzwingen wolle. Zuletzt spitzte sich der Handelsstreit nochmals zu: Trump drohte der EU überraschend mit Strafzöllen in Höhe von 50 Prozent ab 1. Juni. Wenig später schob er diese Massnahme um gut einen Monat auf. Nun wollen beide Seiten bis zum 9. Juli eine Lösung finden.
Bei seinem handelspolitischen Konfrontationskurs hat Trump auch die zweitgrösste Volkswirtschaft besonders im Fokus: China ist für ihn der «grösste Übeltäter». Zuletzt gingen beide Seiten bei Gesprächen in Genf einen grossen Schritt aufeinander zu.
Seine Zollpolitik ist für Trump auch innenpolitisch riskant - auch wenn der Republikaner davon nichts wissen will. Denn ein Importzoll funktioniert ähnlich wie eine Steuer. Die Abgabe muss vom importierenden Unternehmen an den Staat gezahlt werden - in diesem Fall also von Firmen in den USA. Üblicherweise geben importierende Unternehmen die höheren Kosten an die Verbraucher weiter. Das wiederum kann die Inflation anheizen.